- Nicht Alle sind sie schon gestorben,
- Die ich als Freunde mir erworben;
- An Freundinnen auch fehlt mir's nicht,
- Die noch bescheint das Sonnenlicht.
- O, möchte diesen Guten allen
- Mein heutig Loos doch auch noch fallen:
- Daß heiter sie und mit Vergnügen
- Das Achtundsiebzigste erstiegen! —
- Sie zählen meist schon zu den Alten,
- Drum möchte gern ich sie behalten.
- Wir sind noch nach der alten Mode
- Und bleiben's auch bis zu dem Tode.
- Da Freud und Leid seit langen Jahren
- Zusammen haben wir erfahren,
- In sonnigen und trüben Stunden
- Uns immer haben treu erfunden,
- Ist unser Freundschaftsbund je länger
- Geworden auch um so viel enger,
- So daß wir eben als die Alten
- Noch inniger zusammen halten.
- Was liegt daran, wenn auf den alten
- Gesichtern auch entstehen Falten?
- Wenn jugendlicher Glanz den Wangen
- Auch mit den Jahren ist vergangen?
- Wenn uns're Haare auch beweisen,
- Daß wir gehören zu den Greisen?
- Wenn auch Gestalt und Gang und Wesen
- Nicht so mehr sind, wie sie gewesen?
- Es schlagen doch die alten Herzen
- Noch treu in Freuden und in Schmerzen!
- Es sprechen doch die alten Zungen
- So freundlich noch, wie einst die jungen!
- Es zeigt der Druck der welken Hände
- Doch, daß man sich noch wohl verstände!
- Es leuchtet aus den vielen Runzeln
- Doch noch ein wohlgefällig Schmunzeln!
- Es lassen's doch die alten Seelen
- Nicht am Beweis der Liebe fehlen!
- Es sagt doch noch der Augen Licht,
- Daß Keins den Bund der Freundschaft bricht!
- Das ist der Grund, warum wir Alten
- So gern uns noch zusammen halten. —
- Doch werden keineswegs die Jungen
- Deswegen von mir übersprungen.
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- Wer hätte nicht die Jugend gern,
- Ist selbst von ihr er noch so fern?
- Ich Achtundsiebzigjähriger
- Bin kein ihr Angehöriger;
- Doch freue ich mich gern noch heute
- Im Kreise froher, junger Leute;
- Ja, sind sie brav sowohl, als heiter,
- So bin noch gern ich ihr Begleiter.
- Da hör' und seh' ich herzlich lachen,
- Und Scherze stets und Witze machen;
- Und sitzen wir bei Bier und Wein,
- So steigt noch unser Fröhlichsein,
- So wird bei Sang und Gläserklang
- Auch Keinem mehr die Zeit zu lang.
- Doch sitz' ich gern nur bei Bekannten,
- Am liebsten bei den Anverwandten;
- Und seh' ich gar im kalten Winter
- Die Kinder und die Kindeskinder
- Um mich versammelt so, wie heute,
- Dann schwimmt mein Herz in lauter Freude.
- Und kann es größ're Freude geben
- Für mich noch in dem Erdenleben,
- Als wenn, wie jetzt, in meiner Nähe
- Ich meine Kinder um mich sehe,
- Die immer treu mir sind geblieben,
- Und heute mich noch herzlich lieben?? —
- O, hörte diese Liebe auf,
- So schlöß' ich gern den Pilgerlauf,
- Und ginge lieber aus der Welt
- Zu Jenen über'm Sternenzelt,
- An deren Liebe, deren Treue
- Ich ohne Ende mich erfreue! —
- Ich danke meinem Gott und Herrn
- Für Euch, Ihr lieben Kinder, gern!
- Und habe auch die Zuversicht,
- Daß uns're Liebe nimmer bricht! —
- Für heute fehlt nur meinem Glücke,
- Daß ich nicht Alle hier erblicke,
- Die Kinder ich und Enkel nenne,
- Und froh als solche anerkenne.
- Da aber sie zu uns gehören,
- So wollen wir sie nicht entbehren,
- Und rufen drum zum Schlusse noch:
- Sie sollen mit uns leben hoch!!!
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