- 115. „Doch versprechen Sie auch mir:“
- „Jetzt nach Haus zu gehen,“
- „Und daß heut sich vor der Thür“
- „Keiner mehr läßt sehen!“
- 116. Wir gelobtens in die Hand
- Unserm lieben Rector,
- Und empfahlen uns galant
- Unserm Herrn Protector.
- 117. Tags darauf, als er erwacht,
- Hab' vor allen Dingen
- Ich ihm dann auch dargebracht,
- Was ich sollte bringen.
- 118. Nun erfuhr ich erst, und zwar
- Hastig fast von Allen,
- Was, als in der Kneip ich war,
- Draußen vorgefallen.
- 119. Gleich der Löwin, der geraubt
- Eben man die Jungen,
- War mein Bruder, kaum verschnaubt,
- Auf den Feind gesprungen.
- 120. Daß er, wenn es möglich wär',
- Rette noch mein Leben,
- Und wo nicht, so wollte er
- Seines dafür geben.
- 121. Er griff an, der Eine Mann,
- Gegen hundert Feinde! —
- Wer hat jemals das gethan? —
- Je, auch für die Freunde? —
- 122. Und bewaffnet waren auch
- Seine Feinde alle,
- Und die Waffen zum Gebrauch
- Scharf in diesem Falle!
- 123. Auch die Gegner nicht vertheilt
- An verschied'nen Orten,
- Sondern alle festgekeilt,
- Und bereit zu morden!
- 124. Und mit Branntwein so getränkt,
- Daß für sie Gefahren,
- Die der Nüchterne bedenkt,
- Nicht vorhanden waren!
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- 125. Glaubt ihr, wenn mein Bruder all
- Dieses erst erwogen,
- Hätt' er sich auf jeden Fall
- Gleich zurückgezogen? —
- 126. Nein, die volle Liebe fragt
- Nicht nach Möglichkeiten,
- Da dieselbe Alles wagt,
- Auch Unmöglichkeiten!
- 127. Und mein Bruder war an Kraft,
- Größe, und im Degen
- Auch der ganzen Burschenschaft
- Weithin überlegen.
- 128. Also stürzt er resignirt
- Auf des Feindes Masse,
- Daß er, die zum Hause führt,
- Haue eine Gasse.
- 129. Links und rechts erliegen Viel'
- Unter seinen Streichen,
- Doch das vorgesteckte Ziel
- Kann er nicht erreichen.
- 130. Denn indem zum Hause er
- Vorwärts strebt zu dringen,
- Suchen sie ihn immer mehr
- Hinten zu umringen.
- 131. Bald muß mitten im Gedräng'
- Rings er stets sich wehren,
- Und die Wuth der ganzen Meng'
- Muß sich immer mehren.
- 132. Mädchen, die ihn also sahn
- In Gefahren schweben,
- Riefen Gott mit Thränen an
- Um des Menschen Leben.
- 133. Wollt' die Linke im Gefecht
- Endlich ihm versagen,
- Konnte er auch gar nicht schlecht
- Mit der Rechten schlagen.
- 134. Alle in der Kneipe, die
- Wären längst verweset,
- Hätt' „der alte Spamer“ sie
- Damals nicht erlöset!
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