- Noch Eine Ros' besinge
- Ich hier der Wahrheit treu;
- Denn aller guten Dinge
- Sind ja bekanntlich drei.
- Zwei Rosen lehrten kennen
- Mein erst- und zweites Lied;
- Nun soll auch dieses nennen
- Die mir zuletzt geblüht.
- Sie war von meinem Minchen
- Die jüngste Schwester, und
- Ihr Name Carolinchen
- Floß sanft aus meinem Mund,
- Sobald ich sie nur sahe;
- Nicht bloß, weil Minchen sie
- Als Schwester stand so nahe,
- Nein, auch aus Sympathie.
- So Manches war vorhanden,
- Daß meine Augen bald
- An ihr Gefallen fanden,
- Eh' sie zwölf Jahre alt.
- Denkt sie euch nicht, als eine
- Hochragende Statur!
- Sie war nur eine kleine,
- Doch kräftige Natur.
- Ihr dunkler Teint war eben
- Mit jenem Roth bemalt,
- Aus dem ein frisches Leben
- Und die Gesundheit strahlt.
- Stirn, Nase, Mund und Wangen,
- Kinn, Ohren, Hals und Haar,
- Könnt alles auf Verlangen
- Ihr sehen, wie es war!
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- Ja, wie ihr im Gemälde
- Sie heute noch beschaut,
- So war die Auserwählte
- Zu seh'n als meine Braut!
- Ihr schönes Haar, so enge
- Geflochten hier im Zopf,
- Hat mir in seiner Länge
- Manchmal verdreht den Kopf!
- Sah ich, daß sie es kämmte
- Und reizend sich dazu
- So etwas rückwärts stämmte;
- Flog ich herbei im Nu:
- „Kind! ich muß dich umfassen;
- „Ich kann dich doch nicht gar
- „Am Ende fallen lassen
- Auf dein bezaubernd Haar!“
- Doch dieß geschah erst später,
- In unserm Ehestand,
- Wie's ohnehin ein Jeder
- Auch wohl von selbst verstand.
- Denn früher sie nicht setzte
- Sich auf ihr langes Haar,
- Daß ich mich dran ergötzte,
- Eh' sie mein Weibchen war.
- Und erst die dunklen Augen,
- So schuldlos, klug und treu,
- In die den Blick zu tauchen,
- Die Lust war immer neu!
- Nie forderten sie sprühend
- Etwas von einem Mann;
- Nie hingen sie sich glühend
- An seine Blicke an.
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