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Herforder Chronik (1910)/042

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Herforder Chronik (1910)
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2. Überführung der Gebeine der hl. Pusinna.

(Translatio S. Pusinnae.)

Die französischen Bischöfe und besonders der Bischof des Ortes, wo der heilige Leib ruhte, waren über seine Weggabe ungehalten, und als der König gebot, daß sie dem Boten der Äbtissin entgegenziehen und ihn mit Ehrfurcht begrüßen sollten, gebürdeten sie sich widerwillig, wagten jedoch nicht, sich gegen den königlichen Befehl aufzulehnen. Allein erst ein energischer Befehl des Königs bewirkte, daß sie den heiligen Körper mit höchster Verehrung von seiner bisherigen Ruhestätte aufhoben und zum Königshofe brachten. Sobald das Gerücht erscholl, daß der heilige Leib der allerheiligsten Jungfrau Pusinna hinweggeführt werden solle, bemächtigte sich des ganzen Volkes große Bestürzung und Trauer. Es widersetzte sich bald mit Bitten, bald mit Tränen, weil sie fürchteten, den großen Schutz ebendieser Jungfrau zu verlieren. Die Stätte nämlich, wo ihr Leib ruhte, war infolge der Menge der von der Heiligen ausgegangenen Wunderzeichen zu einem Sammelpunkte der Gläubigen, einem Wallfahrtsorte, geworden. Das Wehklagen des Volkes konnte indes an dem einmal gefaßten Beschlüsse nichts ändern, der König übergab unter zahlreicher Beteiligung der Bischöfe und vieler Vornehmen, die sich in Ausübung höfischer Pflichten daselbst befanden, mit besonderer Ehrfurcht die „heiligen Glieder der Heiligen durch die Hand verehrungswürdiger Priester“ dem Herforder Presbyter, sandte aber auch einen vortrefflichen Mann, den Bruder der erwähnten Äbtissin mit ihm, damit er die ganze Begebenheit, wie sie sich zugetragen hatte, kund tue". So trugen sie den heiligen Leib von Frankreich her von Ort zu Ort. Überall begleiteten den feierlichen Zug die Bewohner des Landes und der Dörfer, und überall, wo er hielt, wurde er mit fürstlichen Ehren, mit Psalmen und Lobgesängen empfangen. An allen Orten war das Zusammenströmen des Volkes so stark, und die Wege waren so dicht besetzt, daß es den Anschein hatte, als sei kein Mensch zu Hause geblieben.

Wie der Zug in Herford empfangen wurde, meldet die Urkunde nicht; sicherlich aber sind die Herforder in der Feier dieses für die Abtei und Kirche so hochwichtigen Ereignisses nicht zurückgeblieben. An der Hand ähnlicher uns überlieferter Feierlichkeiten können wir annehmen, daß Äbtissin und Nonnen, begleitet von den Priestern und Beamten des Stifts, dem von der Bielefelder Straße her sich nähernden Zuge mit frommen Gesängen entgegengezogen sind, wahrend die andächtige Menge der herzugeströmten Gläubigen zu beiden Seiten des Weges kniete, Gebete murmelnd und Gott preisend, der ihrer Kirche solches Heil widerfahren ließ.

Vielleicht war jetzt erst die große Stiftskirche entstanden[1], die nun von den Gebeinen der darin feierlich beigesetzten Heiligen den Namen Pusinnenkirche führte.


  1. Hölscher a. a. O., S. 5.
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