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Herforder Chronik (1910)/064
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Eine solche lateinische Schule bestand hier in Herford. Aus ihrer später noch üblichen Bezeichnung als „de gemeyne Schole der Münster Kerken“, läßt sich ihre Zusammengehörigkeit mit der Kirche unschwer erkennen, die noch dadurch befestigt wurde, daß die Äbtissin aus der Zahl der Stiftsgeistlichen geeignete Lehrkräfte gewann[1].
Die Nachrichten über diese Schule sind recht dürftig, wir wissen nur, daß sie und die Lehrer unter der wissenschaftlichen Leitung eines rector scolarum standen, der dem geistlichen Stande angehörte. Hölscher[2] führt einige Urkunden aus späterer Zeit an, in welchen von ihnen die Rede ist.
Sie muß unter Gotesda einen guten Ruf erlangt haben, der auswärtige Schüler anlockte.
Darüber entnehmen wir Hölschers Mitteilung folgendes: Nachdem auf der fernen Insel Island das Christentum festen Fuß gefaßt hatte, brachte ein isländischer Häuptling, Gissur Hoide (der Weiße) mit Namen, seinen 1006 geborenen Sohn Isleif im jugendlichen Alter südwärts nach „Herfurda im Saxland“, um ihn der Äbtissin, also der lateinischen Schule, zur Erziehung zu übergeben. Isleif ist nach Vollendung seiner Studien in Herford 1029 als Priester und Gelehrter in die Heimat zurückgekehrt, hat 1055 eine Reise nach Rom unternommen und ist auf der Heimreise 1056 vom Erzbischof Adalbert von Bremen zum Bischof geweiht. In Island stiftete Isleif das Bistum Skalholt. Auch sein Sohn Gissur, der spätere Bischof von Island, habe, so wird angenommen, die Herforder Schule besucht. Auch sei es nicht unwahrscheinlich, meint Hölscher, daß aus dieser Schule der bekannte Geschichtsschreiber Henricus de Herfordia hervorgegangen ist. Er hat Herford früh verlassen und ist, nachdem er in Minden Dominikanermönch geworden, daselbst 1370 gestorben.
Wo die Schule gelegen, ist nicht ganz ausgemacht[3]. Wenn wir der mündlichen Überlieferung nicht allen Wert absprechen, so ist das alte Saarmannsche Haus, dessen Stelle das jetzige Pastorat (Pfr. Nobbe) einnimmt, der Rest der alten Schule gewesen. Wollen wir uns nicht engherzig an diesen Rest als Schulhaus klammern, vielmehr für die Schule und ihre Nebengebäude eine größere Ausdehnung annehmen, so rechnen wir dazu den Raum bis zur Hämelinger Brücke. Hier beginnt der kurze, alte Weg, die jetzige Arndtstraße, dessen Ende zwischen den Häusern von Malermeister Schael und Schneidermeister Schulze liegt. Dort ging die Grenze der Freiheit vorüber, gewährte aber an dieser Stelle einen Durchlaß, die Scolenporte, d. i. Schulpforte. Sie führte aus dem abteilichen Gebiet, der Freiheit, auf den der Abtei gehörigen Bögekamp,
- ↑ Bauer, a. a. O. S. 82. „Die Klosterschulen waren Pflanzstätten alles damaligen Wissens. Man nahm es so ernst mit dem Unterricht, daß zur Zeit der Ottonen vornehme, für den geistlichen Stand bestimmte Knaben in Nonnenklöstern erzogen wurden, Herford und Quedlinburg zeichneten sich im zehnten Jahrhundert auch nach dieser Seite hin aus.“
- ↑ Hölscher, a. a. O. S. 8.
- ↑ S. II. Teil: Handschriftl. Nachlaß von Hoffbauer.