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Herforder Chronik (1910)/066

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Herforder Chronik (1910)
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des Volkes wie der Klöster sich noch vermehren. Die so dachten, sahen bald ihren Irrtum ein, denn Agnes erwies sich als die treue Stütze ihres Gemahls, der eine Reformation auf kirchlichem Gebiete, wo es fast noch schlimmer aussah, als beim Volke, für eine seiner vornehmsten Aufgaben hielt.

Als der Kaiser von Aachen aus am 23. September 1044[1] in einer Urkunde auf Verwenden seiner Gemahlin Agnes dem Kloster Herford die früheren Schenkungen der Weingüter Overanberg (Arenberg bei Ehrenbreitstein) und Liudwinesdorf (Leutesdorf bei Neuwied) bestätigte, ließ er darin die Bestimmung aufnehmen, daß diese Güter nie als Lehen von seiten des Klosters auszutun, sondern nur zum Gemeinnutzen des Klosters zu verwerten seien. War diese Bestimmung aus seinem strengen Sinn zu erklären? Wollte er mit solcher Beschränkung das Stift vor weltlichen Verwicklungen bewahren, die so häufig die Folge von Lehnsverhältnissen waren? Oder hatte gar sein scharfes Auge, als er durch Herford kam, entdeckt, daß auch da nicht alles in Ordnung war? So ganz in strengkirchlichem Sinn muß das Leben im Herforder Stift nicht gewesen sein, darauf deuten schon die Worte des Hirtenknaben bei der visio (vgl. Gotesda), den die hl. Jungfrau Maria sagen läßt: Wenn die Klosterfrauen ein ihren Gelübden mehr entsprechendes Leben führen würden, so sollten sie von ihr stärkeren Schutz genießen, als Mauern gewähren können.

Heinrich III. war es nicht vergönnt, seine weit ausschauenden Plane namentlich in bezug auf die Neugestaltung der kirchlichen Zustande und die sittliche Hebung des geistlichen Standes zu Ende zu führen; im Alter von 39 Jahren starb er i. J. 1056.

Was er auf geistlichem Gebiete angebahnt, sollte ein anderer vollenden: der toskanische Bauernsohn und nachmalige Papst Gregor VII.

Wir haben hier kein vollständiges Bild von der Wirksamkeit jenes seine Lebensziele unbeugsam verfolgenden deutschen Kaisers Heinrich III. entworfen, es kam uns nur darauf an zu zeigen, in welcher Beziehung der Kaiser und das Herforder Stift zueinander gestanden haben, dabei war eine kurze Schilderung der Sinnesart jenes Herrschers unerläßlich. Nun, die Herforder Stiftsdamen haben, wie oben nachgewiesen ist, über ihn nicht klagen können, wenn auch seine ihnen wohlbekannte Strenge immer wie ein dräuendes Schwert über ihren Häuptern schwebte.

Was Wunder aber, wenn diese keinen Widerspruch duldende Willkür des Herrschers auch Unzufriedenheit in Hülle und Fülle gebar und für die nächste Zukunft berechtigte Sorgen auf verschiedenen Gebieten hervorrief.

Mit den Einsichtsvollen beklagte auch das Herforder Stift das Hinscheiden des Kaisers, der inmitten des Gewoges und Getriebes das Staatsschifflein mit fester Hand gelenkt hatte.

Ja, wer die Jugend seines Sohnes und Nachfolgers, Heinrichs IV. bedachte, der im zarten Alter von fünf Jahren stand, als ihn sein Vater krönen ließ, mußte mit Sorge in die nächste Zukunft schauen.

  1. W. U. B. II, Nr. 197.
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