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Herforder Chronik (1910)/195

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Herforder Chronik (1910)
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„Die von Quernhein haben vormals sonderbare Gerechtsame gehabt, welche sie zum Teil auf eine ebenso sonderbare Art sollen verloren haben. Also hat z. E. ein jeder Handelsmann und Einwoner auf der Radewig, der einen offenen Laden gehabt, vor Oefnung des Ladens, und zwar eben alle Morgen, zween Schillinge einliefern müffen. Man will ferner hierbei wissen, daß die Bürgerschaft mit einem ganzen Scheffel voller Schillinge, bei einer Wette und andern sonderbaren Uemstanden, solche Last und Schuldigkeit ausgekauft habe. Diese Sache wird von vielen erzälet; wiewol die Aussage auch hierbei nicht allerdings übereinstimmt. Einige wollen z. E. nur Einen Schilling zulassen; da andere zween bestimmen“ usw.

Das wäre bei dem damaligen Wert des Geldes eine so außerordentlich hohe Abgabe gewesen, daß wir in der Überlieferung irgendwo einen Irrtum vermuten. Entweder war der jedesmalige Geldbetrag viel geringer, oder die „zween Schillinge“ waren die einmalige Steuer bei der Ersteröffnung eines Ladengeschäfts.


Die Jakobikirche[1].

Obwohl über die Gründung der Radewiger Kirche weder aus Akten noch Urkunden etwas zu entnehmen ist, und auch die mündliche Überlieferung nichts zu berichten weiß, so läßt sich doch annehmen, daß anfangs für die noch geringe Bewohnerzahl eine Kapelle zum Gottesdienst vorhanden gewesen sei, und erst beim Anwachsen der Bevölkerung eine Erweiterung der Kirchenräume stattgefunden habe. Das wollen Bauverständige dem Bau der Kirche auch ansehen. Sie behaupten, das räumlich beschränkte gotische Chor gehöre offenbar zu einer früheren Kapelle, deren Bauzeit in das 13. Jahrhundert verlegt werden müsse, während Schiff und Turm einer späteren Zeit zuzuschreiben seien. Wenn wir uns nun vergegenwärtigen, daß die Äbtissin Lehnsherrin des Gutes Odenhausen war und ihr als solcher auch das Seelenheil der dort Wohnenden am Herzen liegen mußte, so war sie und mit ihr die adligen Herren des Gutshofes wohl am ehesten berufen, für die Erbauung einer Gotteszelle in dem aufblühenden Stadtteil zu sorgen. Es ist, wie gesagt, nichts Schriftliches darüber auf uns gekommen, aber hier, wie es auch anderwärts geschieht, reden die Steine, wo die Menschen schweigen. Wir sehen über dem Südportale ein großes Steinbild der lippischen Rose, das sich nur auf die Äbtissin

Gertrud (1215-1244)

beziehen kann. Sie war die Tochter des Grafen Bernhard von der Lippe und in der Zeit, von der hier nur die Rede sein kann, das ist vom Anfang des 13.

  1. Ludorff S. 47-50 Taf. 46-49.
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