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Herforder Chronik (1910)/209

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Herforder Chronik (1910)
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Es war im Jahre 1358. Noch immer herrschte das Faustrecht; Vergewaltigung der Kleinen und Schwächeren durch die stärkeren Großen, und ungezügelte Beutegier hatten den Adel der Nation zu Raubgesindel herabgedrückt. Um ihren Raubzügen mehr Nachdruck zu geben und sie erfolgreicher zu gestalten, vereinigten sich sogar beutelüsterne Ritter zu Bündnissen. Ein solcher Bund tritt in unserer Geschichte auf, es ist die Vereinigung der Grafen von der Mark, Tecklenburg (damals Teckeneburg genannt), Asseburg und Waldeck. Sie hatten einen Zug gegen die Stadt Osnabrück unternommen, waren dort übel empfangen und zur Umkehr genötigt worden. Die auf ihrem Wege liegende wohlhabende Stadt Herford schien ihnen Ersatz für die in Osnabrück entgangene Beute zu bieten, und sie hofften, mit ihrer Kriegsmacht von 3000 Mann sich leicht der Stadt bemächtigen zu können, wenn sie es nur an der nötigen List und Schlauheit nicht fehlen ließen. Es gelang ihnen, sich im nächtlichen Dunkel unbemerkt bis an die Stadt zu schleichen. Die Mauern mochten sie nicht übersteigen, weil das zu viel Lärm verursacht hätte, aber die offenen Bogen des Retberges boten ihnen, da sie das Wasser weiter nicht scheuten, einen bequemen Weg in die Stadt. In der St. Hyazinthusnacht, d. i. am 11. Dezember 1358, begann das böse Spiel. Ein Teil der Mannschaft war soeben durch die Bogen vorgedrungen und im Begriff sich auszubreiten, als die Turmwächter auf dem Retberg Unrat merkten und den Städtern ihre Zeichen gaben, worauf dann alsbald ein eiliger Glockenschlag von allen Kirchtürmen die Bürger aus der Nachtruhe zu den Waffen rief. Es entspann sich ein heftiger Kampf mit den Raubgesellen; diese wurden zurückgeworfen und mit blutigen Köpfen heimgeschickt.

Die Eindrücke dieser verhängnisvollen Nacht: Die Größe der unvermuteten Gefahr, der verzweifelte Kampf um die Bewahrung von Hab und Gut und die endliche siegreiche Erlösung aus der schweren Not waren für die Herforder so überwältigend, daß sie weniger an die Erfolge ihrer eigenen Kraft, als vielmehr an unmittelbares Eingreifen himmlischer Mächte glaubten. Der fromme Sinn der Alten überliefert, die Glocken der Stadt hätten beim Anzüge der Gefahr von selbst Sturm geläutet.

Und so bedeutungsvoll erschien ihnen die Errettung aus Feindes Macht, daß sie nach Roses Meinung jenes von den Feinden zum Überfall benutzte Festungswerk fortan Retberg, d. i. Rettungsberg, nannten und auf einer an ihm eingemauerten Tafel die Geschichte des Raubversuchs verewigten.

Die Gedenktafel ist nicht mehr vorhanden, sie ist beim Umbau der Mühle verworfen. Der Chronist Storch [1] gibt ihre Inschrift:

M. C. ter. L. octo.
t. sunt. Hervordia. tincti.
muri. pdocto.
meatu. a. qua. nocte. iacinti.
  1. Storch, a. a. O. S. 37.
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