- Viel Vergnügen machte mir das Singen,
- Worin gern ich um den Vorzug rang,
- Und ich konnte auch noch höher dringen,
- Als die Schmehl, die sonst am höchsten sang.
- Denn wir beide pflegten uns zu brüsten,
- Daß wir immer bei der Dorfcapell'
- Waren die zwei besten Discantisten,
- Da wir beide sangen hoch und hell.
- Wenn sie aber endlich mußte schweigen,
- Blickte sie mich immer an mit Neid,
- Daß ich höh're Töne konnte reichen,
- Und der Sieger wurde in dem Streit.
- Nicht so große Freude, als am Singen,
- Hatte ich dagegen am Clavier;
- Dazu mußte mich der Lehrer zwingen,
- Darum bracht' er's auch nicht weit mit mir.
- Aber mehr, als am Pianoforte,
- Hatte ich an meinem Rumpelbaß,
- Den ich spielte als Capell-Consorte
- Bei Concerten, immer meinen Spaß.
- Während sich mein Vater auf acht Tage
- Hatte nach der Rabenau entfernt,
- Hatte ich nach allgemeiner Sage
- Meinen Baß passabel schon erlernt.
- Als mein Vater war zurückgekehret,
- Und am ersten Mittagstische saß,
- Hat auf einmal er Musik gehöret,
- Violinen vier und einen Baß.
- Da er nun die Fulder Musikanten
- Honoriren wollte vor der Thür',
- Wir uns reichlich schon belohnet fanden
- Dadurch, daß er hielte uns dafür.
- Seine Ueberraschung war uns Freude
- Und er dankte freundlich für die Ehr';
- Auch erinn're ich mich noch bis heute,
- Daß er den Bassisten lobte sehr.
- Denn da er von Hause weggegangen,
- Hatte ich doch dieses Instrument
- Noch zu spielen gar nicht angefangen;
- Dennoch strich ich's tapfer und behend.
- Zu dem Lehrer Schmehl war ich gegangen
- Eine Woche deßhalb in die Lehr',
- Wurde nun ein Stückchen angefangen,
- Spielte gleich ich's mit nach dem Gehör.
- Konnten weiter Niemand wir erreichen,
- Spielten im Concerte uns'rer Vier,
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- Schmehl und Bruder Theodor die Geigen,
- Ich den Baß und Vater das Clavier.
- Oefters nahm der Vater auch die Flöte
- Oder auch die Harfe in die Hand,
- Da er außer dem Clavier auch jede
- Dieser beiden andern wohl verstand.
- Doch noch stärker hat es dann geklungen,
- Wenn auch Jeder brauchte seine Kehl',
- Und wenn mit uns in die Wett' gesungen
- Haben meine Mutter und die Schmehl.
- Unter diesen angeführten Spielen
- Hab' ich die der Knaben nicht versäumt,
- Denn ich wuchs nicht an auf unsern Stühlen,
- Und war auch nicht allzu fest gezäumt.
- Alle unterdörfer Knaben waren
- Damals uns, den oberdörfern feind,
- Darum hatten sich auch beide Schaaren
- Zu dem Kampfe brüderlich vereint.
- Nahm einmal aus unserem Vereine
- Einer in das Unterdorf den Weg,
- Und verließ sich nicht auf seine Beine,
- Dann bekam er richtig seine Schläg'.
- Und um dieses wieder wett zu machen,
- Und zu rächen die gekränkte Ehr',
- Fielen wir im Oberdorf wie Drachen
- Ueber jeden Unterdörfer her.
- Höret, sprach ich drum einmal zu Allen,
- Als wir liefern wollten eine Schlacht,
- Einen Einzelnen zu überfallen,
- Das ist feig! Es sei der Bund gemacht:
- Jeder, der allein die Straße wandelt,
- Soll in Frieden seiner Wege gehn;
- Wer von heut an feindlich ihn behandelt,
- Werde mit Verachtung angesehen!
- Nur so lang sich die Parteien messen,
- Soll die Feindschaft fernerhin bestehn;
- Aber gänzlich sei sie auch vergessen,
- Wenn wir aus dem Kampf nach Hause gehn!
- Dieser Vorschlag wurde angenommen
- Gerne von der ganzen Knabenschaft,
- Und hat dadurch alsobald bekommen
- Von dem Tage an Gesetzeskraft.
- Anfangs, als die beiden Heereshaufen
- Sich bekämpften mit den Händen bloß,
- War es nur ein ordnungsloses Raufen,
- Denn sie waren beide führerlos.
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