- Anno funfzehn gaben wir Scholaren
- Löbers Karl von Breungeshain mit Freud',
- Dessen Ferien zu Ende waren,
- Alle bis nach Laubach das Geleit.
- Russische Cavallerie erfüllte
- Ganz die Straße vor des Gastwirths Haus,
- Und mein Bruder seine Neugier stillte,
- Während er zum Fenster sah hinaus.
- Sieh', da forderte ein frecher Russe
- Meinem Bruder barsch die Pfeife ab,
- Und da dieser jenem zum Verdrusse
- Ein bestimmtes Nein zur Antwort gab,
- Sprach der Ruß, mein Bruder hab' genommen
- Ihm die Pfeife und er könne sie
- Nun nicht wiederum von ihm bekommen,
- Ungeachtet aller seiner Müh'.
- Da sein Officier nun kam und wollte,
- Daß mein Bruder jenem alsobald
- Seine Pfeife wiedergeben sollte,
- Sagten wir den wahren Sachverhalt.
- Und der Rosenwirth, der zugesehen,
- Wie der Ruß sein Pfeifchen hatt' versteckt
- In den Aermel bei dem Weitergehen,
- Hat auch dies dem Officier entdeckt.
- Als der Schelm den Aermel mußte schütteln,
- Wie es hatt' der Rosenwirth begehrt,
- War die Wahrheit leichtlich zu ermitteln,
- Da die Pfeif' herausfiel auf die Erd'.
- Nunmehr wurde er mit starken Stricken
- Festgebunden an ein Wagenrad
- Und der Officier hieb ihm den Rücken
- Mit der Säbelscheide ohne Gnad'.
- Seine Säbelscheide war von Eisen,
- Und er suchte uns mit jedem Hieb
- Auf das Deutlichste auch zu beweisen,
- Daß er schone keinen solchen Dieb.
- Manchmal freilich hörte er auch mitten
- In dem Schlagen eine Weile auf,
- Ließ den Kerl mit Wasser überschütten,
- Nachher schlug er wieder besser drauf.
- Endlich baten selber für den armen,
- Uebel zugerichteten Coujon
- Wir den Officier noch aus Erbarmen
- Um Begnadigung und um Pardon. —
- Von den schwarzen Preußischen Husaren
- Ritten früher zwei vor unser Haus,
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- Welche extra nur gekommen waren,
- Sich zu wählen eine Pfeife aus.
- Einer hatte eine schon genommen,
- Wollte eben mit derselben fort,
- Als die Mutter ist dazugekommen,
- Und sie wieder hing an ihren Ort.
- Kaum war in die Küche sie gegangen,
- Weil sie Oel da auf dem Feuer hatt',
- Kam der Zweite und hat abgehangen
- Jene Pfeife an des Ersten Statt;
- Drohte auch mit derben Knutenhieben,
- Wenn ihn Jemand daran hindern wollt',
- Hatt' auch eine Quittung flugs geschrieben,
- Daß das Dorf die Pfeif' bezahlen sollt'.
- „Lassen Sie doch Ihre Knute stecken,“
- Sprach mein Vater zu dem Officier,
- „Denn Sie können mich damit nicht schrecken,“
- „Und behalten Sie Ihr Blatt Papier!“
- „Ihre Anweisung ist nur zum Scheine,“
- „Denn wenn Sie mein Eigenthum verletzt,“
- „Ist deßhalb nicht schuldig die Gemeine,“
- „Daß sie mir den Werth dafür ersetzt!“
- Wenn er meinen Vater angegriffen,
- Hätt mein Bruder in den Leib gerannt
- Ihm sein Messer, welches scharf geschliffen
- Er gefaßt schon hatte in der Hand.
- Doch der edle Krieger war zufrieden,
- Daß er die gewünschte Pfeif' bekam,
- Welche er sogleich, als er geschieden,
- Ohne Gegenwehre mit sich nahm.
- Als nun meine Mutter war gekommen
- Wieder in das Zimmer aus der Küch',
- Und von uns mit Staunen hat vernommen,
- Daß der Preuße mit der Pfeif' entwich,
- Sprach sie: „Aber weiß sollt' man Euch speien,“
- „Daß Ihr Männer, deren es doch Vier,“
- „Euch berauben laßt von diesen Zweien,“
- „Und der Eine war noch vor der Thür'!“
- 's waren nämlich Pfarrer Kratz, ein Schneider,
- Lehrer Schmehl nebst meinem Vater da,
- Als der Pfeifenraub von jenem Reiter,
- Der noch halb betrunken war, geschah.
- Und der Andere hielt vor der Thüre
- Unterdessen beide Pferde an,
- Daß also allein stand gegen Viere
- Jener räuberische Grobian.
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