- Sie hob die Augenlider
- Und sah ihn vor sich stehn;
- Er lächelte hernieder
- Und sie hieß ihn nicht gehn.
- Kaum hatten so sich beide
- Zum ersten Mal gesehn,
- So fühlten neue Freude
- Im Herzen sie entstehn.
- Doch wurden noch bekannter,
- Je öfter sie sich sahn,
- Und täglich auch verwandter,
- Kathrinchen, Christian.
- Keins durft dem Andern fehlen
- Beim frohen Kinderspiel,
- Und hatten zu erzählen
- Sich heimlich immer viel.
- So flogen Tage, Wochen
- Vorbei im schnellen Saus,
- Da ward das Wort gesprochen:
- „Kathrinchen soll nach Haus!“
- Das fiel mit Centnersteinen
- Hinein in unser Herz;
- Wir fingen an zu weinen
- Vor übergroßem Schmerz.
- Der Trost, der einzig wahre,
- In unsren Abschiedswehn
- War der: „In einem Jahre
- „Sollt ihr euch wiedersehn!“
- Zwar konnten wir alljährlich
- Acht Tag' zusammen sein,
- Doch war die Zeit zu spärlich
- Und endete mit Pein.
- Als älter wir geworden,
- War sie 'ne schön're Maid,
- Als ich an allen Orten
- Gefunden weit und breit.
- Die Freier warben fleißig
- Um ihre zarte Hand,
- Ihr Herz jedoch blieb eisig,
- Wie sie mir oft gestand.
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- Hatt' Anträg' sie empfangen,
- Die gab sie mir in Eil
- Mit bittendem Verlangen,
- Daß ich die Körb' ertheil'.
- „Doch Einen mußt du wählen,“
- Sprach ich ihr einst ins Ohr,
- „Und will dir's nicht verhehlen:
- „Es grauet mir davor!“
- Sie sah mir in die Seele,
- Und sprach: „Laß dir nicht graun!
- „Eh' eine Hand ich wähle,“
- „Will ich es dir vertraun!“
- Ich reiste ab und stande
- Still in dem nahen Wald,
- Weil mich auf einmal bannte
- Der Liebe Allgewalt.
- „Du mußt zu ihr zurücke!“
- So rief es in mir laut;
- „Was fehlt noch deinem Glücke,
- „Gibt sie sich dir als Braut!“
- Schwer hab ich dort gekämpfet,
- Bis ich den Bann zerbrach,
- Bis ich das Herz gedämpfet
- Nach manchem tiefen Ach!
- Ich wäre umgekehret,
- Allein der Andern Spott,
- Der hat es mir verwehret,
- Und machte mich noch flott.
- Mit einem kranken Herzen
- Kam ich zu Hause an,
- Ich konnte nicht mehr scherzen,
- Es war mir angethan.
- Mit unsichtbaren Ketten
- Zog es mich nach ihr zu,
- Ich konnte nicht mehr retten
- Die rein verlorne Ruh.
- Mein Herz war nicht zu zügeln,
- Es kollerte in mir,
- Und wie auf Sturmwindsflügeln
- Trug es mich hin zu ihr.
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