- Am dritten Tag die Leiche
- Der Himmlischen verbarg,
- Gemacht von schöner Eiche,
- Ein fein polirter Sarg.
- Von Silber glänzten Griffe
- Am braunen Sarkophag,
- Bis in der Erde Tiefe
- Er ganz begraben lag.
- Schwer stürzten Erdenschollen
- Auf ihn zur Gruft hinein,
- Ein solches dumpfes Rollen
- Drang mir durch Mark und Bein.
- Die Stelle: „Der Gerechte
- „Ist auch in seinem Tod
- „Getrost,“ dem Gottesknechte
- Als Leichentext sich bot.
- Des Lobes war die Predigt
- Des Pfarrers Wolf schon voll,
- Doch hat ers nicht erledigt,
- Wie mir's im Herzen quoll.
- Auch konnt' wie ihr gebührte,
- Sie Niemand rühmen ganz,
- Da Jeder Tugend Zierde
- Sie trug im vollsten Kranz. —
- Wer, was ich zu beweinen,
- Genauer will versteh'n,
- Der kann's genug aus meinen
- Vorher'gen Schriften seh'n.
- Auch wie der Träume sieben
- Den Tod vorhergezeigt,
- Ist dort genau beschrieben
- Und glaubwürdig bezeugt.
- Ich fragt' mit banger Seele:
- Was wird mein Loos doch sein?
- Und griff die Bibelstelle
- Sanct Lucä zehn, Vers neun.
- Was hab' ich da vernommen?
- Ach! — „Das Reich Gottes ist
- „Nahe zu euch gekommen;“ —
- Was nimmer mir vergißt.
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- Die Hoffnung war gewesen
- Mein Stab, der war schon schwach.
- Und als ich Dies gelesen,
- Er unter mir zerbrach.
- Würd' heute ich gerichtet
- Für alle Ewigkeit,
- Mehr wär' ich nicht vernichtet,
- Als wie zu jener Zeit!
- Doch wozu noch viel Worte
- Und Lamentation,
- Da man am Ruheorte
- Sie hat gesehen schon?
- Kein Tag verging, ich habe
- In jener Trauerzeit
- Geweint an ihrem Grabe,
- Und ihr geklagt mein Leid.
- Zu Hause meint' ich immer,
- Ich müsse sie noch seh'n,
- Sie müss' in jedem Zimmer,
- In jeder Ecke steh'n.
- Und wenn vergebens spähte
- Nach ihr mein stierer Blick,
- Kehrt' ich, ob's früh, ob's späte,
- An ihre Gruft zurück.
- Ein Rosenstöckchen setzte
- Ich drauf mit leichter Müh',
- Mit Thränen ich es netzte
- Und dachte nur an sie.
- Das Stöckchen ward zum Strauche
- Und blühet immerdar,
- So lieblich meinem Auge
- Schon fünf und zwanzig Jahr.
- Warum mußt' diese Rose
- So lange Nahrung zieh'n,
- Und die im Erdenschoose
- In kurzer Zeit verblüh'n?!
- An ihrem Namenstage
- Auch an der Gruft bereits
- Stand nach der Wasserwaage
- Ein schwarzes Marmorkreuz.
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