- Betrifft's die eig'nen Kinder,
- So sind die Eltern oft
- Parteiischer und blinder,
- Als man von ihnen hofft.
- Doch wer mein Karlchen sahe,
- Ein Jeder fand es schön;
- Wer Eduard kam nahe,
- Der blieb vor Staunen steh'n.
- Besitzend solche Kinder
- Und solch ein herrlich Weib,
- Die alle drei nicht minder
- An Seele schön, als Leib, —
- Mußt' ich bei diesen Engeln
- Nicht in dem Himmel sein? —
- Im Glück, das frei von Mängeln,
- Konnt' ich noch wünschen? — Nein.
- Wo wohnt das Glück von Dauer
- Auf unserem Planet?
- Hüllt sich's nicht schnell in Trauer,
- Wenn es am höchsten steht?
- So sollt' ich nach zwei Jahren,
- Am Neunten im August
- Zum Ersten Mal erfahren
- Den schrecklichsten Verlust!
- Die Krankheit kam von selber,
- Noch weiß ich nicht, woher;
- Der Teint ward immer gelber,
- Die Glieder wurden schwer.
- Sie sprach: „In meinen Beinen
- „Liegt eine Centnerlast,
- „Drum, Lieber, mach auf meinen
- „Abschied dich nun gefaßt!
- „Jetzt kommt's, wie ich vor Jahren
- „Von meinem Tod gesagt,
- „Eh' wir versprochen waren.
- „Damals hast du gelacht,
- „Und wolltest mir nicht glauben,
- „Daß mich der gier'ge Tod
- „So bald dir könnte rauben,
- „Weil ich so frisch und roth.
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- „Du hast mich doch gewählet,
- „Ich danke dir dafür!
- „Es hat mir nichts gefehlet,
- „So lang ich war bei dir!
- „Und ständ's in meinem Willen,
- „O, ich verließ dich nicht!
- „Doch muß ich ja erfüllen,
- „Was mir das Schicksal spricht.
- „Leb' wohl! Kalt sind die Glieder;
- „Das Herz schlägt dir noch warm!
- „Wir sehn uns droben wieder!!“ —
- So starb sie mir im Arm.
- Noch einmal mußt' ich küssen
- Den frühverklärten Mund,
- Um dadurch auch zu schließen
- Für jene Welt den Bund.
- Ich trug vom Sterbebette
- Sie, an mein Herz gedrückt,
- Allein zu jener Stätte,
- Wo sie noch ward geschmückt.
- Da kamen alle Frauen
- Und Mädchen aus dem Ort,
- Um sie noch anzuschauen,
- Eh' man sie trage fort.
- „Ach — schluchzten sie — wie schade,
- „Daß Die schon soll vergeh'n
- „In einer Todtenlade!
- „Wie war sie doch so schön!„
- Den Tröster jetzt zu trösten,
- Bot manche ihm die Hand,
- Der neben der Erlösten
- Wie eine Leiche stand.
- Die Brust war ihm zu enge,
- Sein Athem allzu schwer,
- Sein Wunsch: das Herz zerspränge
- Und schlüge auch nicht mehr.
- Dagegen ihr Vermächtniß,
- Das mutterlose Paar,
- Schrie laut ihm in's Gedächtniß,
- Daß er noch nöthig war.
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