- Dann machte mir fast bange
- Des Glückes Uebermaß,
- Ich sah sie an so lange,
- Bis ich mich selbst vergaß. —
- Ach, ach, ihr flücht'gen Stunden
- Und Zeugen, daß es wahr,
- Ihr seid mir schon entschwunden
- Vor fünf und zwanzig Jahr! —
- Willst zarte Rosen ziehen,
- So halt' sie warm und feucht,
- Dann glücket dein Bemühen,
- Und sie gedeihen leicht!
- Allmälig meine Rose
- Ein junges Knöspchen trieb,
- Verborgen unterm Moose,
- Doch hatte ich's schon lieb.
- Und als es aufgegangen,
- Da drückte ich's mit Lust
- Und sehnlichem Verlangen
- An meine Vaterbrust.
- Ja weil's der Mutter eben
- So sprechend sahe gleich,
- Hätt' ich's nicht hergegeben
- Für's größte Königreich.
- Jetzt war die junge Mutter
- Nach überstand'nen Weh'n
- Ein köstlich Augenfutter,
- Ja unaussprechlich schön!
- Erst küßt' die Wonnetröpfchen
- Ich von den Wimpern und
- Sodann das Engelsköpfchen,
- Zuletzt den süßen Mund.
- In achtzehnhundert dreißig
- War's am Sanct Marcustag,
- Daß ich geküßt so fleißig,
- Als ich da eben sag'.
- Glaubt mir: die Ehestricke,
- So dick sie immer sind,
- Gewinnen noch an Dicke
- Durch ein geliebtes Kind!
|
- Und ist es gar ein Knabe,
- So ruft die Mutter gern,
- Wie Eva bei der Gabe:
- „Ich hab' den Mann, den Herrn!“
- Mit hundert und ein Schüssen,
- Saß ich auf einem Thron,
- Hätt' man begrüßen müssen
- Mir meinen ersten Sohn!
- Wie hat sie so gewährlich
- Ihn an die Brust gelegt,
- Und liebend unaufhörlich
- Geheget und gepflegt!
- Wie lieblich hat's geklungen,
- Wenn „Schlaf, Karlchen, schlaf!“
- Und weiter sie gesungen:
- „Dort droben geh'n die Schaf'!“
- Und als die ersten Hosen
- Ihr Karlchen hatte an,
- Wie ging ihr Herz auf Rosen!
- Wie freute sie sich dran!
- Und wünschte schon zu wissen,
- Wie ihm wohl als Student,
- Wenn er einmal in Gießen,
- Das Spornentragen ständ'. —
- Zwei Jahre hielt ihr Aeffchen
- Sie grad so blank und fein,
- Als wär's ein junges Gräfchen,
- Sie hatt' es noch allein.
- Doch als ein Vierteljährchen
- Noch weiterhin verfloß,
- Hielt sie ein Knabenpärchen
- Auf ihrem weichen Schoos.
- Weil Karlchen so alleine
- Die Zeit zu lange ward,
- So kam zu ihm der kleine
- Gespiele Eduard.
- Der ward von uns empfangen
- Am elften im August
- Mit herzlichem Verlangen
- Und allgemeiner Lust.
|