- Ach, wenn ich der goldnen Zeit gedenke,
- Wo ich noch durch Dich so glücklich war;
- Wo beseligt mir durch Deine Nähe
- Jede Stunde neue Lust gebar;
- Wo Du lächelnd mir entgegen schwebtest
- In so lieblich reizender Gestalt;
- Wo wir herzend dann uns fest umschlangen
- Mit der treusten Liebe Allgewalt;
- Wo Dein Arm auf meinem Nacken spielte,
- Und ich Dir in Aug und Seele sah; —
- O, was fehlte damals meinen Wünschen!
- O, wie überglücklich war ich da!! —
- Aber jetzt — ach — moderst Du im Grabe,
- Der Verwesung und der Würmer Raub!
- Deine anmuthsvolle Geisteshülle
- Ist im Kurzen eine Handvoll Staub! —
- Eine Handvoll Staub hätt' ich verloren?
- Weiter nichts? und sollte trostlos sein?
- Konnte Staub aus Deinem Auge sprechen:
- O, Geliebter! ewig bin ich Dein?
- Nein, die Königin des schönsten Leibes,
- Deine Engelseele hat's erklärt!
- Sie gab auch den körperlichen Formen
- Ihren Zauber, ihren höchsten Werth!
- Nur Dein Pilgerkleid, getreue Seele,
- Die Du Dich mit meiner hast vermählt!
- Nur Dein ird'scher Schleier blieb der Erde;
- Du hast nicht Dein Vaterland verfehlt!
- Aufgeschwungen über Zeit und Räume,
- Umgekleidet in das Lichtgewand,
- Blicktest Du mit seligsten Gefühlen,
- Abschied nehmend, auf das Prüfungsland!
- Eingegangen zu des Herren Freude,
- Angelangt an seinem Himmelsthron,
- Strahlst Du, Ueberwinderin des Todes,
- Gleich der Sonne mit der Lebenskron!
- Daß ich so Dich einmal wiedersähe
- In der heil'gen Engel Schwesterchor!
- Und mein Herz an Dir sich weiden könnte
- Liebend und geliebt, als wie zuvor!! —
- Harre aus in Sehnsucht, mein Gemüthe!
- Dieses Auge schaut das Ew'ge nicht;
- Doch es kommt die Stunde der Verklärung
- Und verwandelt Finsterniß in Licht!
- Glaube, hoffe, dulde reines Herzens,
- Bis der Sanduhr letztes Korn verrinnt!
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- Dann wirst Du die Reine wiederschauen!
- „Selig sind, die reines Herzens sind.“
- Rein warst Du im Namen, Glauben, Herzen,
- In den Worten, in der Liebe rein!
- Und wenn ich auf Erden treu Dir folge,
- Bist Du auch im Himmel wieder mein!
- Am Altare gabst Du mir die Rechte,
- Um für Dieses Leben mein zu sein!
- Auf dem Sterbebette war's das Siegel
- Für der Seelen Ewigen Verein! —
- Würdig bist Du mir vorangegangen,
- Und ich folge Dir gewißlich nach!
- Ueberwunden hast Du meine Zweifel,
- Und mein Glaube wird nicht wieder schwach! —
- O, beneidenswerthe, treue Schwester,
- Die Du der Verklärten nachgeeilt!
- Sage ihr, daß ihr gebeugter Gatte
- Ungern nur auf Erden noch verweilt!
- Sage ihr, daß ihr geliebtes Karlchen
- Schon die Wünsche seines Vaters theilt!
- Und daß keine Zukunft vor dem Tode
- Der Zurückgelass'nen Wunde heilt!
- Sag' ihr, daß der kleine, treue Schmeichler,
- Der die Hand ihr küßte an dem Bett,
- Seine Mutter wieder holen wollte
- Von der leer geword'nen Lagerstätt —
- Eduard verlor mit seiner Mütter
- Vater, Bruder, Tante, Vaterhaus;
- Lebt verwaist als Fremdling in der Ferne,
- Und der Kleine macht sich nichts daraus? —
- O, er ist in guten Pflegehänden!
- Kleidung, Speise, Trank wird ihm gereicht;
- Was verlangt er mehr in diesem Alter,
- Wenn die läst'ge Krankheit von ihm weicht? —
- Sei beruhigt, mütterlicher Schatten!
- Deine Kinder leiden keine Noth;
- Und die Trübsal, die noch ihrer wartet,
- Bleibt zurück im letzten Abendroth!
- Lichtgeborne! ist es Dir vergönnet,
- Zu besuchen dieses nied're Thal;
- Unsichtbar vielleicht Dich noch zu nahen
- Diesem Schauplatz flücht'ger Lust und Qual;
- O, so laß mich Deine Nähe fühlen!
- Hauche mich mit Deinem Athem an!
- Und geleite mich und uns're Kinder
- Hin zu Dir auf gottgeweihter Bahn!
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