- Die Rosen welken nieder
- In jedes Jahres Lauf,
- Und and're blühen wieder
- Im nächsten Sommer auf,
- Und öffnen ihre Kelche
- Dir zwei zu gleicher Zeit,
- So weißt du oft nicht, welche
- Am meisten dich erfreut.
- Drum kannst du nicht entscheiden,
- Wenn du nur eine holst,
- Welch' du von ihnen beiden
- Zuerst dir pflücken sollst.
- Du siehst die eine prangen,
- Und bleibst bezaubert stehn,
- Und siehest mit Verlangen
- Die and're grad' so schön.
- Willst du dir diese fassen,
- Die dir so lieblich lacht,
- So mußt du jene lassen,
- Mit aller ihrer Pracht.
- So war mir einst als Freier
- Entscheidung meiner Wahl
- Bei zwei, die mir gleich theuer,
- Lang eine Herzensqual.
- Wär' eine nicht gewesen,
- So hätte ich mir bald
- Die and're auserlesen,
- Denn keine ließ mich kalt.
- Doch sprach der Blick von beiden
- Zu mir so wohlgemuth:
- Ich kann dich wirklich leiden,
- Und bin dir herzlich gut!
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- Und was mich noch daneben
- An jeder hat erfreut:
- Sie haben nichts vergeben
- Der feinen Weiblichkeit.
- Weil nun in unsern Gauen
- Man noch bis heute glaubt,
- Zu nehmen sich zwei Frauen,
- Sei Niemanden erlaubt;
- So nahm ich endlich jene,
- Die ich zuerst gekannt,
- Und die schon die Kamöne
- Im vor'gen Lied genannt.
- Ihr hatte ohn' Erbitten
- Der Parce schnelle Scheer'
- Den Faden abgeschnitten
- Ein Jahr und länger her;
- Da blühte noch zum Ruhme
- Des Thals, das sie genährt,
- Dieselbe Venusblume,
- Die mir die Wahl erschwert.
- Die alte Liebe rostet
- Nach einem Sprichwort nicht,
- Und hat auch mich entfrostet
- Durch warmes Sonnenlicht.
- Kaum hätt' ich vor acht Jährchen
- Ein Mädchen hier geseh'n,
- So glaubte ich das Märchen:
- „Sie ist gefährlich schön!
- „Heut' heißt's: das Herz bewachen
- „Und legen an ein Band;
- „Sonst stiehlt sie es mit Lachen,
- „Und trägt es außer Land.“
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