- „Wer freute sich nicht deiner Stunden,
- Du Wonnemonat, holder Mai!
- Wer hätte nicht in dir empfunden
- Des Schönen, Süßen Mancherlei!
- Die Nachtigall im tiefen Haine,
- Die Lerche in der hohen Luft,
- Ja die Natur im Festvereine
- Preist dich, berauscht von deinem Duft!
- Und wir, wir sollten dir nicht singen
- Den Dank, der unsern Busen hebt?
- Und als im Garten blühten
- Die Rosen rings herum,
- Sprach ich: „Ich wär zufrieden,“
- „Hätt' ich so eine Blum;
- „Doch müßt' ich sie empfangen,
- „Gepflückt von Deiner Hand!
- „Das ist ein still Verlangen,
- Das ich schon längst empfand!“ —
- Schnell hatt' am nächsten Stocke
- Ein Röschen sie entdeckt,
- Und mir es an dem Rocke
- Sogleich auch fest gesteckt.
- „Ich danke, liebes Kleines!
- „Für dieses Röschen sehr,
- „Und ihm gleich schätz' ich keines
- „Nun auf der Erde mehr!“ —
- „Der Dank ist nicht vonnöthen,
- „Die Gabe sein nicht werth,“
- Sprach sie, und mit Erröthen
- Schlug sie den Blick zur Erd'.
- Sie fühlte tiefer eben,
- Daß sie sich mit der Blum'
- Mir habe hingegeben
- Zum ew'gen Eigenthum.
|
- Dir nicht das schuld'ge Opfer bringen,
- Das schon auf unsren Lippen schwebt?
- Auf! wer sich noch des Maies freuet;
- Drei Stunden — und er ist nicht mehr. —
- Für diese Stunden seid geweihet
- Dem güt'gen Mai zu Lob und Ehr'!
- Stoßt an! Der gute Vater lebe!
- Und höher seine Tochter noch!!
- Ihr fließe goldnes Blut der Rebe!
- Ihr schalle laut ein dreifach Hoch!!! —
- Und wenn auch ich es glaubte,
- Und darum glücklich war,
- Ein Weiteres erlaubte
- Noch nicht das Trauerjahr.
- Schwieg drum von meiner Freude
- Auch vorsätzlich mein Mund,
- So that ich doch noch heute
- Sie schriftlich so ihr kund:
- „Röschen, meine Freude!
- Sei willkommen mir!
- Sei mir und bedeute
- Etwas Gut's von Ihr!
- Der Röschen und Rosen erwachsen so viel',
- Der zahmen und wilden im Garten,
- Im Felde und Walde und wo man nur will,
- Von allen erdenklichen Arten;
- Doch gehe ich hin durch den Rosenhain,
- Und lasse die Rosen Rosen sein.
- Aber hier in diesem Garten
- Mag ich gern der Rosen warten;
- O, wie theuer sind sie mir!
- Ständen sie noch alle hier! —
- Eine — ach — von diesen Rosen
- Grade meine ist gepflückt!
|