- Einst, als allein geblieben
- Sie war nur eine Stund',
- Hatt sie in Angst getrieben
- Ein frecher Vagabund.
- Nur dadurch, daß sie sagte,
- Ihr Bruder sei im Haus,
- Den Kerl sie endlich brachte
- Mit Frauenlist hinaus.
- Kaum hatte ich vernommen,
- Daß dadurch in Gefahr
- Sie plötzlich war gekommen,
- Daß ich nicht bei ihr war,
- So rief ich voll Entsetzen:
- „Ach, unschätzbare Perl!
- „Wie leicht hätt' auch verletzen
- „Dich können dieser Kerl!
- „Nun laß' aus diesem Grunde
- „Ich nie Dich mehr allein!
- „Es soll zu jeder Stunde
- „Doch Jemand um Dich sein!
- Denn hörte Einer pfeifen,
- „Du seist alleine hier,
- „So könnte er vergreifen
- „Sich mit Gewalt an Dir!
- „Gelegenheit macht Diebe,
- „Bei welcher mancher stiehlt!
- „Und ich hab' meine Liebe
- „Nie eif'riger gefühlt!
- Ich lief zum Bürgermeister,
- Der suchte auch sofort;
- Doch fand sich unser Dreister
- Schon nicht mehr in dem Ort.
- Als einst sie Futter brachte
- Am Fenster einem Huhn,
- Und auch zugleich bedachte,
- Was Spory solle thun,
- Lockt': „Spory! Spory! Spory!“
- Sie laut statt: Pi! Pi! Pi! —
- „Du hast Dich an Cichorie
- „Benebelt heute früh!
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- „Ach, Du confuses Liebchen!“
- Rief ich, indem ich's küßt',
- „In Deinem Oberstübchen
- „Es nicht mehr richtig ist!“
- „Ja,“ sprach's, „jetzt magst Du lachen!
- „Ich habe es verdient;
- „Denn ich mach' wahrlich Sachen,
- „Noch schlechter, als ein Kind!
- Nachdem wir um die Wette
- Uns herzlich abgelacht,
- Sprach ich: „Nun aber hätte
- „Ich gründlichen Verdacht!“
- „Denn Spory hat ja gräulich
- „Dir Sinn und Sprach verwirrt!
- „Und ich Hab' mich abscheulich
- „Bisher in Dir geirrt!
- „Ich Narr dacht: Hast ein Weibchen,
- „Das liebt Dich ganz allein!
- „Das ist ein schuldlos Täubchen,
- „Selbst in Gedanken rein!
- „Doch nun hab' ich gehöret,
- „Daß es auch And're lockt!
- „Da bin ich so empöret,
- „Daß mir das Herzblut stockt! —“
- „Und daß es wieder fließen
- „Soll gleich in dieser Stund,“
- Sprach sie, „so soll Dir schließen
- „Ein Kuß den Lästermund! —“
- So hatten wir — wie kläglich! —
- Zusammen immer Streit,
- Und führten ihn tagtäglich
- Aus lauter Einigkeit.
- Doch nicht mit purem Lachen
- Vertrieben wir die Zeit,
- Es ward auch ernsten Sachen
- Gar manche Stund' geweiht.
- So oft ich sie auch fragte
- Im Amte selbst um Rath,
- Mir jederzeit behagte
- Der angezeigte Pfad.
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