- Als plötzlich fing zu schwanken
- Das Bett dermaßen an,
- Daß wir in seinen Schranken
- Uns nicht mehr sicher sah'n.
- „Ach, Gott! die Erde bebet!“
- Rief Linchen gleich mit Graus:
- „Wer hat so was erlebet?
- „Mach' schnell Dich nur heraus!“
- Sie lag wie auf der Folter,
- Da sie zugleich vernahm,
- Daß schreckliches Gepolter
- Tief aus der Erde kam.
- Es war, ich muß gestehen,
- Mir auch nicht einerlei;
- Doch mußte ich vergehen
- Vor Lachen fast dabei.
- Vor dem Gebetbuch sehe
- Ich Linchen noch verstört;
- Und als ich näher gehe,
- Hatt's ja das Buch verkehrt!!
- Vor Jettchen, meiner Nichte,
- Ein Buch geöffnet lag;
- Doch stand auf dem Gesichte
- Ihr schon der jüngste Tag.
- „Wenn auch die Erdax krachte,
- „Und wär Euch noch so bang —“
- Sprach ich — „ja, jetzo lachte
- „Ich zum Weltuntergang!
- „Ihr klammert Euch mit Aengsten
- „Jetzt an den Himmel, gelt,
- „Weil's, wie es scheint, am längsten
- „Gewährt mit dieser Welt?
- „Der Himmel läßt nicht stürmen
- „Sich so auf Einen Stutz,
- „Und wird Euch auch nicht schirmen,
- „War't Ihr bisher nichts nutz!“
- Da so mein Täubchen spassen
- Mich hörte im Tumult,
- Begann es auch zu fassen
- Sein Herzchen in Geduld.
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- Bei Linchens schnellem Tode
- Die Kirchweih' war im Schwang,
- Und nach der alten Mode
- Hier Alles sang und sprang;
- Doch als die Schreckenskunde
- Drang in das Kirchweihhaus,
- Erscholl es in der Runde:
- „Dann ist die Kirmeß aus! —“
- Es war im Augenblicke
- Musik und Tanz vorbei;
- Man ging nach Haus zurücke,
- Und hörte keinen Schrei.
- Dieß mach' ich gern zum Lobe
- Des ganzen Dorfs bekannt;
- Auch dienet es zur Probe,
- Wie hoch hier Lina stand.
- Schwer habe fühlen müssen
- Ich ihres Wortes Last:
- „Du wirst mich doch vermissen,
- „Wenn Du mich nicht mehr hast!“
- Zehn Jahre sind es heute,
- Daß ich sie misse schon,
- Und meine Lebensfreude
- War gleich mit ihr entfloh'n.
- So oft ich auch noch lachte
- Seit dem mit heit'rem Sinn,
- Das, was mich glücklich machte —
- Für immer war's dahin!
- An ihres Grabes Rande
- Herr Reinhard noch erhob
- Die würdige Verwandte
- Durch wohlverdientes Lob.
- Könnt' sie mich noch umschweben,
- Wie gern gäb' ich dafür
- Sogleich mein halbes Leben,
- Und schiede dann mit ihr! —
- Doch, Schatz! weil Du entrissen
- Mir bist für alle Zeit,
- Will ich dafür Dich küssen
- Durch alle Ewigkeit! —
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