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Herforder Chronik (1910)/130
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Herforder Chronik (1910) | |
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Mißbräuchen Leinenwebergilden in Bielefeld und Herford gründete; die Herforder Gilde muß nicht ganz unbedeutend gewesen sein, da sie ein eigenes Amtshaus besaß. Es war das Haus Johannisstraße Nr. 34, heut Maler Hartwig gehörig, das Wiese-Haus[1]. Die ehemals von einem Brande zerstörte Vorderseite des Hauses ist erneuert, das Innere geblieben. Der frühere Amtssaal ist, trotzdem er verbaut ist, noch zu erkennen.
Den Gilden wurden Schauämter angegliedert, auf denen die Weber ihre Waren prüfen lassen mußten. Allein Gilde und Schauamt reichten nicht aus, die Verschlechterung des Leinens aufzuhalten. Der Große Kurfürst sah sich deshalb genötigt, eine scharfe Kontrolle über die gesamte ravensbergische Leinenfabrikation einzuführen. Er ließ diese Kontrolle durch kurfürstliche Schauämter oder Leggen ausüben, wo jedes im Lande hergestellte Leinenstück von amtlich besoldeten und eidlich verpflichteten Leggemeistern auf den Leggetisch gelegt und in bezug auf Güte und vorgeschriebene Breite geprüft und, wenn man es für vollwertig hielt, gestempelt wurde. Der Staat bevormundet die Leinenfabrikation heut nicht mehr, hat ihre Ausbildung der Konkurrenz überlassen und sowohl Fabrikation wie Leinenhandel haben sich gut dabei gestanden: der alte gute Ruf der Herforder Leinwand ist ungeschmälert geblieben.
Der Hanf.
Wie der Bau der Leinpflanze und ebenso die durch die Hand bewirkte Verarbeitung des aus ihr gewonnenen Flachses stark eingeschränkt ist, so ist der Anbau einer anderen früher hier geschätzten Kulturpflanze, des Hanfes (cannabis sativa) ganz verschwunden.
Der Hanfbau war wohl bei uns nie sehr beträchtlich, da die Pflanze mehr Sand- als Kleeboden bevorzugt. Aus diesem Grunde wurde der Hanf früher am meisten in den Bezirken um Brackwede, Halle, Borg Holzhausen und Versmold angebaut.
Seine Fasern, die eine ähnliche Behandlung wie die des Flachses erfuhren, lieferten Pechfädcn für Schuster, es wurden auch Bindfäden und grobes Garn aus ihnen hergestellt. Auch fand das Garn zu Hauslinnen für Bauernkittel und Hemden Verwendung, ja, man hatte sich, wie Weddigen schreibt[2], im Tecklenburgischen dazu verstiegen (1790), aus Hanf Spitzen und feinen Stoff für Oberhemden zu arbeiten.