- Viele Thränen hab' ich dort vergossen,
- Als ich an dem Heimweh laborirt;
- Auch die Christenlehre dort genossen,
- Doch in Crainfeld ward ich confirmirt.
- Achtzehnhundertsechszehn nun verließen
- Wir im Herbst das liebe Breungeshain,
- Und der Vater brachte uns nach Gießen,
- Wo in's Pädagog wir traten ein.
- Als uns Schaumann dort examiniret,
- Wurden wir zugleich mit Wilhelm Schmidt
- Nach Secunda alle drei placiret,
- Doch ausdrücklich mit dem Unterschied,
- Daß mein Bruder, weil er älter seie,
- Seinen Platz auf erster Ordnung nähm';
- Was jedoch beträf die andern Zweie,
- Jeder auf die zweite Ordnung käm'.
- Nach Verlauf von vierthalb Jahren kamen,
- Als wir unsere Maturität
- Erst bewiesen noch durch ein Examen,
- Dann wir auf die Universität.
- Weil wir alle drei in Prima saßen
- Auf der zweiten Ordnung, mußten wir
- Uns zuvor noch einmal prüfen lassen
- Und bezahlen unsere Gebühr.
- Wir Gebrüder wurden Theologen,
- Schmidt dagegen, eines Försters Sohn,
- Hat das Forstfach diesem vorgezogen
- Aus besonderer Inclination.
- An dem Pädagoge waren Lehrer:
- Schaumann, Winkler, Zimmermann und Klein,
- Engel, Rumpf und Borré, da als Hörer
- Ich noch ging in's Pädagog hinein.
- Und von allen den genannten Sieben,
- Deren jeder mich gelehret hat,
- Ist bis jetzt am Leben nur geblieben
- Engel, der Geheime Kirchenrath.
- Und wie die Gymnasialdoctoren
- Alle mir gewesen lieb und werth,
- Waren mir es auch die Professoren,
- Wo ich bei Collegia gehört.
- Diese pflegt' ich fleißig zu besuchen,
- Wie bei Palmer, Schmidt und Diefenbach,
- So bei Künöl, Schulz und Pfannenkuchen,
- Wenn der letzte auch nicht deutlich sprach.
- Auch bekam ich, als ich ausstudiret
- Das gesetzliche Triennium,
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- Und auch zweimal war examiniret,
- Ein sehr gutes Testimonium.
- In dem Sittenzeugniß war zu lesen,
- Daß ich früherhin bei einem Corps
- Nämlich der Constantia gewesen;
- Weiter liege gegen mich nichts vor.
- Unser Corps war nicht geheim geblieben,
- Und wir hatten das Consilium
- Alle miteinander unterschrieben
- Vorm Disciplinarjudicium.
- Kam auch nur das mindeste Vergehen
- Von den Subscribirten noch heraus,
- Mußten sie, das war vorauszusehen,
- Wandern auf ein halbes Jahr nach Haus.
- Als ich diese Strafe hätt' bekommen,
- Weil ich nachmals zeugte beim Duell,
- Hat dieselbe für mich übernommen
- Scheuermann, und saß an meiner Stell.
- Dafür ließ er einen Stiefel nieder
- Aus dem hohen Carcerfensterlein,
- Und so oft er ihn emporzog wieder,
- Fand er drinnen eine Flasche Wein.
- Und so ging es täglich eine Woche
- Daß es ihm von Herzen thate leid,
- Als er wieder kam aus seinem Loche,
- Und zu Ende war die Büßezeit.
- Ja, er mußte noch mich darum bitten,
- Daß ich meine Straf' ihm lassen sollt',
- Weil sich Viele darum mit ihm stritten,
- Deren jeder für mich sitzen wollt'.
- Einer träget oft des Andern Sünde,
- Wie ich in Secunda schon geseh'n,
- Als ich selber ohne alle Gründe
- Mußt' für Andere in's Carcer gehn.
- Damals trieben bei dem Kartenspiele
- And're Schüler es so toll und arg,
- Daß die Hausfrau, welcher es mißfiele,
- Klagend ging zum Pädagogiarch.
- Schaumann, welcher damals war am Ruder,
- Und geglaubt, wir hätten Theil daran,
- Kündigte nun mir und meinem Bruder
- Deßhalb vierzehn Tage Carcer an.
- Calmberg hatte irrig unsre Namen
- Unter den Consorten mit genannt,
- Weil ihm das Gedächtniß beim Examen
- Des erzürnten Richters ganz entschwand.
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