- Durch das Wasser sahe ich im Sinken
- Erst den Himmel blau und nachher grün,
- Endlich aber gar nicht mehr erblinken,
- Und da dachte ich: nun bist Du hin.
- Damals hatte ich noch nie geschwommen,
- Und deßwegen glaubte ich auch nicht,
- Daß ich lebend werde wiederkommen
- Aus der Tiefe an das Tageslicht.
- Meinen Aeltern und noch andere Lieben
- Sagte ich im Geiste schon Adieu,
- Und ich fühlte innigstes Betrüben,
- Daß ich nun sie nimmer wiedersäh'.
- Plötzlich aber sah ich, daß nach oben
- Mich das Wasser ganz von selber trieb,
- Und es hatte bald mich so gehoben,
- Daß der Mund mir überm Wasser blieb.
- Um dem Tode eilig zu entrinnen
- Suchte ich das nächste Ufer nun
- Schwimmend wie die Hunde zu gewinnen,
- Und mich an demselben auszuruhn.
- Doch als ich versuchte mich zu stellen,
- Und zu fassen wieder festen Fuß,
- Ging ich nochmals unter in den Wellen,
- Und es brauste über mir der Fluß.
- Als ich tauchte wieder aus den Wogen,
- Fing ich eine Weide mit der Hand,
- Und an ihr hab' ich mich noch gezogen
- Mit den letzten Kräften an das Land.
- Aber als sich meine müden Glieder
- Hatten auf der Wiese ausgeruht,
- Sprang ich doch mit allem Fleiße wieder
- An derselben Stelle in die Fluth.
- Denn ich habe mich nicht mehr gescheuet
- Vor der ausgestandenen Gefahr,
- Sondern habe mich vielmehr gefreuet,
- Daß ich nunmehr auch ein Schwimmer war.
- Schlittschuh nach der Badenburg zu laufen,
- War ich einst mit Kißner auf dem Weg,
- Und es dachte keiner an's Ersaufen,
- Oder daß das Eis zusammenbräch'.
- Plötzlich sah ich eine breite Stelle,
- Die noch gar nicht zugefroren war,
- Und es war, als säh' ich in der Hölle
- Aufgesperrten Rachen offenbar.
- Kißner, rief ich warnend, bleib zurücke!
- Doch ich selber war zu viel im Schuß,
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- Deßhalb sprang ich hoch im Augenblicke,
- Und flog glücklich übern offenen Fluß.
- Jenseit auf dem Eise fuhr ich weiter,
- Bis ich endlich konnte halten ein.
- „Nein, ein solcher Sprung,“ rief mein Begleiter,
- „Sollt' man denken, könnt' nicht möglich sein!“
- „Freilich,“ sprach ich, „doch ich will Dir sagen,“
- „In der Welt hat Alles seine Zeit;“
- „Sollte ich denselben nochmals wagen,“
- „Thät' ich jetzt vielleicht ihn halb so weit!“
- Als wir statt der blau-roth-weißen Mütze
- Aufgesetzt den Candidatenhut,
- Reizte doch noch zum Studentenwitze
- Uns der jugendliche Uebermuth.
- Zu dem ersten Male im Cylinder
- Gingen wir zusammen vor das Thor,
- Da gewahrten wir ein Spiel der Kinder,
- Das uns anfangs kam verächtlich vor.
- Jene fuhren in der schwarzen Lache
- Auf des Eises Schollen hin und her,
- Und so lustig, als ob diese Sache
- Nicht im Mindesten gefährlich wär'.
- Bohnenstangen hatten sie in Händen,
- Damit trieben sie die Schollen fort,
- Konnten sie auch nach Belieben wenden
- Von dem einen nach dem andern Ort.
- „Wie die Jungen,“ sprachen wir, „da treiben“
- „Ein gefährliches, gewagtes Spiel!“
- „Könnt' nicht einer auf der Stelle bleiben,“
- „Wenn er von dem Eis in's Wasser fiel?“
- Unser Urtheil wurde bald gelinder,
- Und wir wurden ihres Treibens froh,
- Daß wir sprachen: „Wären wir noch Kinder,“
- „Machten wir vielleicht es ebenso!“
- „Ei, wir könnten auch in unsern Jahren,“
- Meinten endlich wir, „zum puren Spaß“
- „Da einmal auf einer Scholle fahren,“
- „Ohne daß wir dabei würden naß!“
- Und im nächsten Augenblicke standen
- Wir auf einer, die uns beide trug;
- Denn es war die größte, die vorhanden,
- Und wir hatten Raum darauf genug.
- Als wir in die off'ne See nun stachen,
- Fing die ganze, liebe Knabenschaar
- Laut aus vollem Halse an zu lachen,
- Was ein Zeichen ihres Beifalls war.
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