- Um den Nachmittag uns zu erheitern,
- Und das Innere des Thurms zu sehn,
- Banden an einander wir drei Leitern,
- Daß wir konnten in denselben gehn.
- Als wir in dem Thurm spazieren gingen,
- Keiner sich damit begnügen ließ;
- Denn nun wollte Jeglicher auch dringen
- In das tiefe, dunkle Burgverließ.
- Vorher ließen wir ein Licht hinunter,
- Das dem tiefsten Grund Beleuchtung gab,
- Dann ließ Einer nach dem Andern munter
- Sich an einem langen Seil hinab.
- Trocken war umher der ganze Boden;
- Große Ringe hielt die Mauer fest;
- Doch gewahrten wir von keinem Todten
- Auch nur den geringsten Ueberrest.
- Gegen Abend, als auf seinem Rücken
- Jeglicher ein Bäuschchen Stroh gebracht,
- Ward, die müden Glieder zu erquicken,
- Eine allgemeine Streu gemacht.
- Auf dem Burghof unter freiem Himmel
- Lagerte die Universität,
- Und das unaufhörliche Gewimmel
- Endete nach Mitternacht erst spät.
- Da die Streu so schlechten Dienst verrichtet,
- Und die Meisten hatte abgeschreckt,
- Wurde sie des Morgens aufgeschichtet,
- Und zum Lohn dafür in Brand gesteckt.
- Haushoch schlugen aus dem Stroh die Flammen
- An dem alten Thurm hinauf im Nu,
- Während die Studenten allzusammen
- Sangen noch ein lustig Lied dazu.
- Jetzo mußten wir Gymnasiasten
- Schnell verlassen die Studentenschaar,
- Da wir wußten, daß bei längerm Rasten
- Carcerstrafe zu befürchten war.
- Die Studenten aber zogen weiter
- Von dem Gleiberg bis nach Gladenbach,
- Wo in vierzehn Tagen sie gescheidter
- Wurden durch so manches Ungemach.
- Da sie nun ihr Bestes klar erkannten,
- Und daß es nicht anders könne sein,
- Zogen sie auch ohne Musikanten
- Wieder in das alte Gießen ein.
- Jener Streit war dadurch ausgebrochen,
- Daß der Leutnant Kronenbold zuvor
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- Dem Studenten Hofmann hatt' gestochen
- Eine Feige auf das linke Ohr.
- Nachher ist kein Auszug mehr geschehen,
- Während ich Student gewesen bin,
- Und es war mir lieb, daß ich gesehen
- Hatte einen solchen früherhin.
- Zwei von unsern Füchsen ward befohlen,
- Unser Paukzeug in der Mitternacht
- Von der Heuchelheimer Mühl' zu holen,
- Daß entstehe keinerlei Verdacht.
- Doch des Müllers Hund, ein wahrer Drache,
- Welcher seinen Mann zusammenriß,
- War für beide eine Höllenwache,
- Eine schreckliche Bekümmerniß.
- Darum sprachen sie aus einem Munde:
- „Wir zwei werden kaum die Mühle sehen;“
- „Denn wir fürchten sehr uns vor dem Hunde:“
- „Laßt den Spamer da noch mit uns gehn!“
- „Nun ich fresse,“ sprach ich, „zwar kein Eisen,“
- „Aber mit Euch will ich gehn geschwind,“
- „Um Euch wenigstens doch zu beweisen,“
- „Daß nicht alle Füchse Hasen sind!“
- Auf dem Wege wollten sie sich wenden
- In dem Dorf an irgend einen Mann,
- Und ihn vorher an den Müller senden,
- Daß er lege seine Dogge an.
- Als ich diesen Vorschlag laut verlachte,
- Und sie bis zum Anfange des Rains
- Vor der Heuchelheimer Mühle brachte,
- Blies in Heuchelheim der Wächter Eins.
- Da erklärten sie mir alle beide:
- „Weiter gehen wir nun keinen Schritt;“
- „Willst Du gerne sein des Todes Beute,“
- „Sei's, von uns geht aber keiner mit!“
- Darauf sprach ich: „Wenn von Euch auch keiner“
- „Dieses Abenteuer will bestehn,“
- „Wird doch ohne Furcht mein Ziegenhainer“
- „Mit mir durch den dunklen Hohlweg gehn!“
- Meine beiden muthigen Gesellen
- Hörten in demselben Augenblick
- Kaum die Hunde in dem Hofe bellen,
- Als sie flohen weit von mir zurück.
- Da die Thiere mich gewittert hatten,
- Stürzten beide wüthend auf mich los,
- Und ich sah sie nur als dunkle Schatten,
- Denn die Finsterniß war gar zu groß.
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