- Doch so oft sie wollten an mich greifen,
- Hörten sie den Ziegenhainer hell
- Und gewaltig vor den Nasen pfeifen,
- Daß sie sie zurücke zogen schnell.
- Deßhalb wollt' der Große mich umkreisen,
- Und mir kommen gern von hinten bei,
- Daß er so mich könne niederreißen;
- Doch den Rücken hielte ich mir frei.
- Endlich dacht' ich: Deine Defensive
- Macht Dich müd' und bringt Dich nicht an's Ziel;
- Drum ergriff ich rasch die Offensive,
- Und gelangte stürmend zu der Mühl'.
- Da die Hunde gar nicht konnten weichen
- Seitwärts aus in jener tiefen Schlucht,
- So ergriffen sie vor meinen Streichen,
- Mir den Rücken wendend schnell die Flucht.
- Ich verfolgte sie geschwind als Sieger
- Ueber's Wasserbett bis an das Haus;
- Dorten aber thaten sie wie Tieger,
- Als ich pochte ihren Herrn heraus.
- Ja, der Wettkampf mit dem Bullenbeißer,
- Der schon einen heißen Anfang nahm,
- Ward mit jedem Augenblicke heißer,
- Bis der Müller aus dem Hause kam.
- Der entfernte nun sogleich die Hunde,
- Und verwunderte dabei sich sehr,
- Daß ich ohne irgend eine Wunde
- Bei dem Kampfe weggekommen wär'.
- „Dennoch,“ sprach er, „kommen Sie nicht wieder“
- „So allein in dunkler Mitternacht;“
- „Denn mein Sultan wirft den Stärksten nieder,“
- „Ohne daß er Federlesen macht!“
- „O, ich bin auch nicht allein gekommen,“
- Sprach ich, „wie sogleich Sie werden sehn;“
- „Sondern habe zwei mir mitgenommen,“
- „Die da oben auf dem Felde stehn!“
- „Lochmann, Reuning!“ rief ich, und sie kamen,
- Und das Paukzeug, das der Müller hatt',
- Schweigend sie auf ihre Schultern nahmen,
- Und so trugen sie es in die Stadt.
- Meine fünf Philister aber hießen:
- Limpert, Geismar, Bücking, Möhl und Lotz,
- Und ich habe gegen sie bewiesen
- Niemals Grobheit, Hochmuth oder Trotz.
- Bei Andreas Konrad Möhl logirte
- Auf der Mäusburg ich fünf Jahre lang,
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- Und die Garküch', die derselbe führte,
- Brachten wir zwei Spamer erst in Schwang.
- Als wir uns das Essen ließen holen,
- Sahen wir in Limperts nur zu bald,
- Daß der Bringer uns davon gestohlen,
- Und was er noch brachte, das war kalt.
- Damit dies nicht wieder möcht' geschehen,
- Wirkten wir uns die Erlaubniß aus,
- Daß wir selbst zum Essen durften gehen
- Zu dem Speisegeber Möhl in's Haus.
- Anfangs aß daselbst mit uns noch Einer,
- Nämlich unser Schulgenosse Broß;
- Da war freilich unser Tisch ein kleiner,
- Doch er wurde bald allmählich groß.
- Denn die Freunde, die wir animirten,
- Zu versuchen uns're Kost einmal,
- Aßen, da sie gut sich amüsirten,
- Nachher mit uns dort in großer Zahl.
- Und so stieg die Zahl der Gäste immer,
- Bis sie weit noch über hundert stand,
- Und man oft den Raum der beiden Zimmer
- Für die Speisenden zu enge fand.
- Anno sechszehn kostete das Essen
- Nur acht Kreuzer, Anno siebzehn zehn,
- Und wie da der Preis ward abgemessen,
- Blieb er später immerhin bestehn.
- Anno siebzehn wurden Brod und Wecke
- Durch die Theurung noch einmal so klein,
- Und die Bäcker stellten ihr Gebäcke
- Sammt dem Backen einmal gänzlich ein.
- Auf die Rabenau an die Verwandten
- Schrieb mein Vater eiligst uns're Noth,
- Und sogleich nach seinem Wunsche sandten
- Sie uns einen Maltersack voll Brod.
- Denn in Gießen mochte Jemand laufen
- An die Bäckerladen, wo er wollt',
- Konnte er kein Laibchen Brod mehr kaufen,
- Nicht einmal für noch so schweres Gold.
- Als indessen jeder Bäcker sollte
- Gleich zurücke geben sein Patent,
- Wenn er jetzo nicht mehr backen wollte,
- War die Brodnoth auch sogleich am End'.
- Anno achtzehn zogen wir Gebrüder
- Zu Andreas Konrad Möhl in's Haus,
- Und erst drei und zwanzig zog ich wieder,
- Weil ich am Examen war, heraus.
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