- Doch ich that's nicht um des Geldes willen,
- Sondern weil man dringend mich gefleht,
- Wollte ich die Wünsche nur erfüllen,
- Und erhielt ein Fürstliches Decret.
- Jeden Sonntag hatte ich drei Kirchen,
- Und zwei gute Stunden Wegs zu gehn;
- Dennoch sollte Alles wie am Schnürchen
- Und zu der bestimmten Zeit geschehn.
- Kamen zur gewöhnlichen Strapaze
- Auch noch Casualien hinzu,
- War den ganzen Tag ich in der Hatze,
- Und bekam vor Abend keine Ruh'.
- Ganz besonders in den Sommertagen
- Wurde es zuweilen mir so heiß,
- Daß ich meine Pulse hörte schlagen,
- Und beständig triefete von Schweiß.
- Niemand, dacht' ich, kann zwei Herren dienen,
- Und ich habe glücklich mich geschätzt,
- Als in Blasbach war die Zeit erschienen,
- Wo die Stelle wieder ward besetzt.
- Ehe noch fünf Monate gewesen
- Ich Vicar dahier in Hermannstein,
- Ließ der Herr den Pfarrer schon erlösen
- Durch den Tod von aller seiner Pein.
- An dem zweiten Juli ist geschieden
- Er aus diesem Erdenleben ab;
- Ueber fünfunddreißig Jahr in Frieden
- Ruht er unter Rosen schon im Grab.
- Als er todt war, gingen Deputirte
- Zu dem Obrist Schenk nach Darmstadt ab,
- Daß er mich doch hierher präsentirte,
- Denen er auch dies Versprechen gab.
- Da ich nachher selbst zu ihm gekommen
- Wegen dieser Präsentation,
- Sprach er: „Ja, Sie sollen sie bekommen,“
- „Ich versprech' sie Ihnen als Patron!“
- Doch an einem schon der nächsten Tage
- Riß der Schlag ihn plötzlich aus der Welt;
- Da entstand nun wiederum die Frage:
- Hat er erst die Handschrift ausgestellt?
- Denn ich konnte schriftlich nicht beweisen,
- Daß er mir die hiesige Pfarrei
- Habe noch mit Hand und Mund verheißen,
- Eh er aus der Welt gegangen sei.
- Da mein Gönner also war gestorben,
- Habe ich bei seinem Bruder schnell
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- Wieder mich in Altenstadt beworben
- Um die mir schon zugesagte Stell'.
- „Was mein Bruder Ihnen hat versprochen,“
- Sagte dieser mir, „das halte ich;“
- „Denn sein Wort wird nicht von mir gebrochen“
- „Dieses glauben Sie mir sicherlich!“
- „Und daß er mir hat sein Wort gegeben,“
- „Und mir meine Bitte gleich gewährt,“
- Sprach ich, „weiß sein Jäger, der daneben“
- „Stand und Alles hat mit angehört!“
- Da er bald in Darmstadt auch erfahren,
- Daß ich ihm die Wahrheit referirt,
- Hat trotz meinen vierundzwanzig Jahren,
- Er mich doch zum Pfarrer präsentirt.
- Mein Decret ist lange ausgeblieben;
- Denn es wurde erst im nächsten Jahr
- Von dem Großherzoge unterschrieben
- An dem siebenten im Januar.
- Und am dreiundzwanzigsten erst brachte
- Mir der Bote es von Crainfeld her,
- Weil er sich dabei schon Rechnung machte
- Auf ein ganz besonderes Douceur.
- An demselben Tage auch verließen
- Meine beiden Damen dieses Haus;
- Denn sie zogen beide fort nach Gießen
- Und von Hermannstein für immer aus.
- Da wir fast ein Jahr lang mit einander
- Unter Einem Dache zugebracht,
- Wurden wir allmählich viel bekannter,
- Als wir Anfangs selber es gedacht.
- Dazu waren beide Somnambülen,
- Und im Hause war's auch sonst nicht just,
- Weßhalb manchmal Dinge vor hier fielen,
- Die sich Niemand zu erklären wußt'“.
- Oefters hörten wir's im Hause gehen;
- Thüren gingen laut und deutlich zu;
- Aber Niemand war alsdann zu sehen,
- Welcher also störte uns're Ruh.
- Oft auch hörten wir am Fenster pochen;
- Wenn wir aber schleunigst darnach sahn,
- Haben wir die Köpfe uns zerbrochen,
- Weil doch außen Niemand war daran.
- Unser Hausgeist war auch so verwogen,
- Daß er Fremden hier von ihrem Bett
- Hat bei Nacht die Decke abgezogen,
- Daß sie plötzlich lagen blank und nett.
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