- Unter allen großen, schönen Mädchen,
- Die ich öfters hatte mir beschaut,
- Wählte endlich ich mein theures Käthchen
- Im October mir zu meiner Braut.
- Doch wie selig dreimal ich gewesen
- Und wie traurig in dem Ehestand,
- Ist in meinen „Rosen“ nachzulesen,
- Die ich niederschrieb mit treuer Hand.
- Als an meines ersten Weibchens Seite
- Ich im zweiten Jahre ruhig schlief,
- Hatten einst wir eine Anzeig' beide,
- Die uns eiskalt über'n Rücken lief.
- Plötzlich hörte ich im Schlaf erschallen
- Meines Täubchens angsterfüllte Stimm':
- „Ach, das Kind ist aus der Wieg' gefallen!“
- „Spamer, siehe doch geschwind nach ihm!“
- Ich lag vorn im Bette, und die Wiege
- Mit dem Karlchen stand so nah davor,
- Daß ich seine sanften Athemzüge
- Alsobald vernahm mit meinem Ohr.
- Darum sprach ich gleich zu meinem Schätzchen:
- „Unserm Kinde ist kein Leid geschehn,“
- „Denn es schläft gesund auf seinem Plätzchen,“
- „Und ich höre seinen Athem gehn.“
- „Aber woher kommt denn das Gejammer,“
- Fiel sogleich mein Weibchen wieder ein,
- „Das ich höre hier in unsrer Kammer“
- „Und das mir durchdringet Mark und Bein?“
- Aus der Kammer lief ich nun in's Zimmer,
- Um ein Licht da anzuzünden schnell,
- Und vernahm das klägliche Gewimmer
- Eines Kindes unterm Tische hell.
- Da begann ein Unglück ich zu wittern
- Und, so unerschrocken sonst ich war,
- Doch am ganzen Leibe zu erzittern
- Vor der noch verborgenen Gefahr.
- Auch die Stubenthüre so erkrachte
- Durch von außen angewandten Druck,
- Daß ich jeden Augenblick gedachte:
- Jetzo bricht sie bei dem nächsten Ruck.
- Deßhalb mußte ich zugleich vermuthen,
- Daß auch Diebe eingebrochen sei'n,
- Welche, während wir im Schlafe ruhten,
- Wollten dringen in das Zimmer ein.
- Eiligst konnte ich jedoch nicht zünden
- In der Dunkelheit ein Licht mir an,
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- Weil ich suchen mußte, um zu finden
- Feuerzeug und einen Schwefelspan.
- Aber als das Licht auch endlich brannte,
- Und ich konnt' das Zimmer ganz durchspäh'n,
- War doch, wie mit Staunen ich erkannte,
- Keine Spur von einem Kind zu sehn.
- Darum sagte ich zu meinem Käthchen:
- „Liebchen, bleibe ruhig nur und still“
- „Liegen da in Deinem warmen Bettchen;“
- „Während ich das Haus durchsuchen will!“
- „Denn ich glaub', wir werden jetzt bestohlen,“
- „Und die Diebe sind schon in dem Haus!“
- Damit nahm ich Licht und zwei Pistolen,
- Spannte sie und ging zur Thür' hinaus.
- Alle Stuben, Kammern, Speicher, Küche,
- Keller und den Abtritt auch sogar
- Habe ich durchstöbert zur Genüge;
- Doch ein Spitzbub nicht zu finden war.
- Weil ich meinen Zweck nun nicht erreichet,
- Stimmten ganz wir darin überein,
- Daß ein Kind sich habe angezeiget,
- Das aus unsrer Freundschaft müsse sein.
- Bald die Nachricht ich erhalten habe,
- Daß gestorben sei in jener Nacht
- Meines Bruders Karl, ein schöner Knabe,
- Und noch meiner sehnlichst hab' gedacht.
- Dieses Kind war ganz an Leib und Seele
- Hier schon einem Engel Gottes gleich;
- Darum ward von Gott es ohne Fehle
- Aufgenommen in das Himmelreich.
- Auch dem Vater wurde angezeiget
- Vorher dieses seines Kindes Tod,
- Wie er selber nachher mir bezeuget,
- Als es schon gegangen war zu Gott.
- Als sein Leben noch drei Tage währte,
- Pocht' es dreimal über ihm so laut,
- Daß dem Vater, der das Pochen hörte.
- Augenblicklich hat davor gegraut.
- An dem nächsten Abend pocht' es wieder
- Auf der Oberstube, zweimal nur;
- Da schon sank des Vaters Hoffnung nieder,
- Die er hatte auf des Lieblings Cur.
- Als es auch am dritten Abend pochte,
- Und zwar jetzo nur ein einzig Mal,
- Auch der Vater gar nicht mehr vermochte
- Zu erblicken einen Hoffnungsstrahl.
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