- In derselben Nacht ist es verschieden,
- Wo es sich auch hier hat angezeigt;
- Ueber dreißig Jahre ruht's in Frieden,
- Und war mir besonders zugeneigt.
- Früher, als mein Käthchen seine Reise
- Hatte in die Ewigkeit gethan,
- Ward sein Tod auf siebenfache Weise
- Uns und Andern schon gezeiget an.
- Wie das aber eigentlich geschehen,
- Schrieb ich längst in einem Heftchen auf,
- Und aus diesem ist noch heut' zu sehen
- Deutlicher der ganze Sachverlauf.
- Träume, wie ich fünf darin erzähle,
- Prägen sich, was wohl zu merken ist,
- Gleich so tief in jedes Träumers Seele,
- Daß er sie sein Leben nicht vergißt.
- Dann auch findet ohne fremde Leitung
- Er sogleich, wenn er geträumet kaum,
- Schon von selbst die wahre Vorbedeutung
- Von dem sonst noch nie gehabten Traum.
- Daß selbst Träume wörtlich offenbaren,
- Was verborgen und zukünftig ist,
- Hab' ich aus dem Orgeltraum erfahren,
- Den ich hatte und Ihr selber wißt.
- Etwas Aehnliches ist widerfahren
- Meiner Mutter auch als junger Frau
- Vor nun etwa einundsechzig Jahren,
- Denn die Zeit weiß ich nicht ganz genau.
- Da erschien im Traume ihr ein Bote,
- Der von Schotten ihr die Nachricht bracht',
- Daß ihr Schwiegervater schnell mit Tode
- Abgegangen sei in jener Nacht.
- Als sie ihn an's Fenster schlagen hörte,
- War sie Anfangs ärgerlich darob,
- Daß er sie im besten Schlafe störte,
- Und dabei verführe allzu grob.
- Als sie aber aus dem Bett geeilet
- Und gelaufen war an's Fenster hin,
- Da erkannte sie auch unverweilet
- Als den Vetter Wilhelm Stophel ihn.
- Und nachdem die Botschaft sie bekommen,
- Daß ihr Schwiegervater schnell verschied,
- Hat darauf sie den Gesang vernommen
- Von dem ihm gesungnen Sterbelied.
- Diesen ganzen Traum sie nun erzählte
- Meinem Vater, als sie war erwacht,
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- Dem sie nicht ein Wort von dem verhehlte,
- Was der Todesbote ihr gesagt.
- Und wie hier aus meiner Feder quillet
- Dieser ganze wunderbare Traum,
- Ward er auch von A bis Z erfüllet
- Nach Verlauf von ein paar Wochen kaum.
- Und kein Nebenumstand hat gefehlet,
- Wäre auch derselbe noch so klein;
- Sondern grade so, wie ich erzählet,
- Traf auch Alles nachher pünktlich ein.
- Auch ward eben jenes Lied gesungen
- Beim Begräbniß vor dem Leichenhaus,
- Welches schon zu Ohren war gedrungen
- Meiner Mutter wochenlang voraus.
- Mein Geburtshaus war auch ausgezeichnet
- Dadurch, daß schon in der Neujahrsnacht,
- Wenn ein Todesfall sich hat ereignet,
- Er durch Zeichen ward bekannt gemacht.
- Freilich wurden immer solche Zeichen
- Für dasselbe Jahr nur kund gethan,
- Und auch immer nur für solche Leichen,
- Die die Hausbewohner gingen an.
- Wie auch jene Zeichen kund sich thaten,
- Waren oft sie doch von solcher Art,
- Daß man die Personen konnte rathen,
- Deren Sterben angedeutet ward.
- In der Neujahrsnacht desselben Jahres,
- Worin meines Vaters Vater schied,
- Und zwar zwischen Elf und Zwölfe war es,
- Wo sein Tod sich also schon verrieth:
- Meinem Vater grade so es schiene,
- Als ob plötzlich rollte von dem Dach
- Eine sich vergrößernde Lavine
- Und zur Erde fiel mit dumpfem Krach.
- Meines Vaters Staunen aber mehrte
- Dieses, daß an eben jenem Tag,
- Wo er diesen Schneesturz deutlich hörte,
- Gar kein Schnee noch auf der Erde lag. —
- Meiner Mutter aber so es schiene,
- Als ob Jemand mit der Peitsche hell
- Mehrmals klatschte oben im Kamine,
- Welcher fahren wolle von der Stell'. —
- Meines Vaters Mutter hat geschüret
- Uns im Ofen lang das Feuer an,
- Und wenn ihr's ein And'res angerühret,
- Hatte es ihr keinen Dienst gethan.
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