- Unser Lichtchen hat jedoch gehalten
- Länger, als wir hatten uns gedacht,
- Bis wir endlich kamen wohlbehalten
- Beim Inspector an um halberacht. —
- Als ich einst in später Abendstunde
- Kam von Minchen, meiner lieben Braut,
- Hab' der Irrlichter ich zwei im Bunde
- An der Dill zu gleicher Zeit geschaut.
- Eins kam oben von der Dill herunter
- Und das andere der Dill herauf,
- Beide eilten immer grad und munter
- Auf einander zu in ihrem Lauf.
- Endlich kamen sie so nah zusammen,
- Grade wie zu einem Rendezvous,
- Daß ich dachte, diese beiden Flammen
- Suchen sich wie Deine Braut und Du.
- Als ich ihnen lange zugesehen,
- Blies der Wind mir meine Leuchte aus,
- Da ließ ich sie bei einander stehen,
- Und begab mich ungesäumt nach Haus.
- Doch es wollte jetzt mir nicht gelingen,
- Während ich vor meiner Thüre stand,
- Diese mit dem Schlüssel aufzubringen,
- Weil ein Hinderniß sich innen fand.
- Da die Phantasie mir vorgespiegelt:
- Ganz gewiß sind Diebe in dem Haus,
- Die die Thüre innen zugeriegelt
- Und Dich haben klug geschlossen aus;
- Ging ich um das Haus, um zu erspähen,
- Wo sie etwa eingestiegen sein;
- Fand jedoch kein Fenster offen stehen,
- Und von einem Einbruch keinen Schein.
- Darum stieß ich nun mit beiden Händen
- Und mit allen Kräften an die Thür,
- Daß sich Massen Eises von ihr trennten.
- Die sie hatten zugehalten mir.
- Während ich in Aßlar hat' gesessen,
- Und die Sehnsucht nach der Braut gestillt,
- Hatte nämlich Wasser unterdessen
- Meinen Hausflur gänzlich angefüllt;
- Dieses Wasser hatte Eis geboren,
- Bis ich Abends spät nach Hause kam,
- Und so war die Thüre eingefroren,
- Was mich nun nicht weiter Wunder nahm. —
- Andre Irrlichter hab' ich gesehen,
- Doch sie kamen alle mir nicht nah,
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- Deßhalb will sogleich ich übergehen
- Zu den beiden Drachen, die ich sah.
- Als wir anno funfzehn fuhren Schlitten
- Eines Abends nah bei Breungeshain,
- Zog in einer Höh' von sieben Schritten
- Ueber uns ein Drach' zum Dorf hinein.
- Da er langsam kam dahergezogen,
- Und auch eben heller Mondschein war,
- Hat kein Auge sich dabei betrogen,
- Sondern jedes sah ihn nah und klar.
- Wagrecht und in eines Wiesbaums Länge
- Fuhr er über unsern Köpfen hin.
- Und der Zuschauer erstaunte Menge
- Sah wie auf ein Wunderthier auf ihn.
- Unten war vom Kopfe bis zum Schwanze
- Schwarzgrau dieses ganze Phänomen,
- Oben konnten wir in buntem Glanze
- Blaue, rothe, gelbe Flammen sehn.
- An dem Kopf von eines Kindskopfs Dicke,
- Hing, jedoch nicht nach Proportion,
- Eine Schlange, armsdick, vom Genicke
- Bis zum Schweif in Undulation.
- Wer zugegen, auch die ältern Leute
- Mußten miteinander eingestehn:
- „Nein, so haben alle wir bis heute“
- „Unser Lebtag noch kein Ding gesehn!“
- Und wir sahen's langsam weiter schweben,
- Wie's den Weg nach einem Schornstein nahm,
- Wo es uns, so sehr wir Acht gegeben,
- Plötzlich allen aus den Augen kam.
- Da die Frau in jenem Haus als Hexe
- Bei den Bauern stande im Verdacht,
- Rief derselben einer: „Meiner Sechse,“
- „Der hat jetzt der Drach' etwas gebracht!“
- Doch aus ganz naturgemäßen Gründen
- Kann er in's Camin gefahren sein,
- Wenn, sich mit den warmen zu verbinden,
- Dort die kalten Lüfte strömten ein. —
- Anno dreiundvierzig hatt' gefangen
- Unser Singkranz an und war im Flor,
- Als ich Abends in den Hof gegangen,
- Um zu putzen mir ein Pfeifenrohr.
- Da gewahrt' ich an des Himmels Höhe
- Gegen Nordost einen rothen Schein,
- Der so schön war, daß ich dacht', ich sähe
- Zu der offnen Himmelsthür' hinein.
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