- 's war am dritten Frühlingssonntagsmorgen,
- Und die Sonne stieg so klar empor,
- Daß wir hatten keine Wettersorgen
- Als wir rasselten durch's Gießer Thor.
- Doch bei Langsdorf mußten wir schon rasten,
- Weil uns dort begegnete der Spaß,
- Daß auf einmal unser Chaisenkasten
- Auf dem rechten Hinterrade saß.
- Deßhalb bat den Pfarrer ich, zu senden,
- Schnell uns einen Schmied aus seinem Ort,
- Der die Feder spanne, daß wir könnten
- Unsre Reise setzen weiter fort.
- Soviel war dem Schmied mit Müh gelungen,
- Daß das Rad nun ungehindert lief;
- Da jedoch die Feder war gesprungen,
- Hing von jetzt an stets der Kasten schief.
- Und daß unsre geistliche Carosse
- Nicht durch Eile ganz zusammenbräch',
- Ließen wir mit Fleiße unsre Rosse
- Langsam gehen auf dem weitern Weg.
- Als mit unsrer Schneckenpost gekommen
- Wir bis in den Eichelsdorfer Wald,
- Und da Eichen hatten wahrgenommen,
- Hoch und von vorzüglicher Gestalt,
- Sprach ich: „Eichen sah ich zwar in Menge“
- „Schon in vielen andern Wäldern stehn,“
- „Doch von solchem Wuchs und solcher Länge“
- „Habe ich noch keine je gesehn!“
- „Ja,“ — so sprach mein älterer Gefährte, —
- „Und so hoch sie in die Lüfte gehn,“
- „Just so tief auch gehn sie in die Erde,“
- „Daß wir doch sie nur zur Hälfte sehn.“
- „Freilich,“ sprach ich, „will es also scheinen“
- „Bei den Bäumen, die am Wasser stehn,“
- „Deren umgekehrtes Bild wir meinen“
- „Unterm Wasser grad so tief zu sehn;“
- „Daß jedoch die Bäume sollten stecken“
- „Grad so tief nach unten in der Erd',“
- „Als von dieser sie sich aufwärts strecken,“
- „Das ist nicht an dem und unerhört!“
- „Woher wissen Sie denn das?“ so fragte,
- Näher rückend, mich der kleine Mann,
- „Da mir doch ein Forstmann dieses sagte,“
- „Der die Sache besser wissen kann.“
- „Da ich manchen Baum mit eignen Händen“
- „Und mit seinen Wurzeln ausgethan,“
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- „Weiß ich, wo der Bäume Wurzeln enden,“
- „Weil es meine Augen öfters sahn;“
- „Und der Forstmann, welcher Sie belehret,“
- Sprach ich, „hat Sie nur was weiß gemacht,“
- „Und gewiß, nachdem er Sie bethöret,“
- „Sich auch in das Fäustchen noch gelacht!“
- Heinrich sagte nun zu seinem Alten,:
- „Aber, Vater, sei doch nicht so schlecht,“
- „Daß Dich Jeder kann zum Besten halten!“
- „Glaube doch dem Spamer; er hat Recht!“
- Drauf versetzte Palmer: „Es mag bleiben“
- „Auf sich selbst beruhen diese Sach',“
- „Und wir wollen sie nicht weiter treiben,“
- „Da sie doch nicht schlägt in unser Fach!“
- Als wir bis nach Eichelsdorf gefahren,
- Brach bereits die dunkle Nacht herein,
- Und im Wirthshaus dort versammelt waren
- Viele Bauern bei dem Branntewein.
- Einer kam beduselt an den Wagen,
- Hielte die Latern herein behend;
- „Ach, ich möchte“ — fing er an zu sagen —
- „Sehn den Herrn Superintendent!“
- Palmer ward sich seiner hohen Würde
- Jetzt auf einmal völlig klar bewußt,
- Deßhalb warf er sich, wie sich's gebührte,
- Plötzlich vor dem Bauer in die Brust.
- Dieser maß ihn nun mit schlauen Blicken,
- Und für mich war es kein leichtes Ding,
- Jetzt das Lachen ganz zu unterdrücken,
- Bis der Bauer wieder von uns ging.
- Mit Laternen gingen nun zwei Boten
- Bis nach Wingertshausen vor uns her,
- Und die Wege oft den Umsturz drohten
- Unserem gebrechlichen Gefähr.
- Als wir endlich wohlbehalten trafen
- Abends spät in Wingertshausen ein,
- War der Herr Inspector eingeschlafen,
- Und im Hause keines Lichtes Schein.
- Das Geknarr von unsern Wagenrädern
- Hatte unsre Ankunft ihm entdeckt,
- Und ihn bald aus seinen warmen Federn
- Und dem ersten Schlummer aufgeschreckt.
- Als ich leise an die Thür' gestoßen,
- Oeffnete er gastlich uns das Haus,
- Und im Schlafrock und den Unterhosen
- Sah der dicke Herr possirlich aus! —
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