- Mit der Mutter wollte ich von Gießen
- Später gehen nach der Rabenau,
- Als wir auf den alten Palmer stießen
- Nahe bei dem Gasthaus zu dem Pfau.
- Damals blühete der Wintersamen
- Auf dem Felde wie ein goldnes Tuch,
- Und da von demselben wir bekamen
- Auch zugleich den lieblichen Geruch,
- Sprach ich: „Wie der Same dort erfreuet“
- „Jedes Auge, welches ihn erblickt,“
- „So auch jeder Nase er verleihet“
- „Einen Wohlgeruch, der sie erquickt!“
- Drauf versetzte Palmer mir mit Feuer:
- „Auch bei Händlern ist er sehr beliebt,“
- „Diese kaufen gerne ihn und theuer,“
- „Weil er gutes Oel in Menge gibt!“
- „Wollte man ihn aber jetzo schneiden,“
- Sprach ich in Erwiederung darauf,
- „Könnte weder Oel man draus bereiten,“
- „Noch erschien ein Händler dann zum Kauf!“
- Jener sprach: „Ich kann das nicht begreifen,“
- „Denn der Same hat ja keinen Fehl!“
- „Seine Körner aber später reifen,“
- Sprach ich, „und nur diese geben Oel!“
- Weil er nun hierüber sehr erstaunte,
- Sah ihn meine Mutter spöttisch an,
- Während sie mir in die Ohren raunte:
- „Was ist das doch für ein schlechter Mann!“ —
- Einst besuchte ich ihn auf dem Zimmer
- Noch in meinem Candidatenstand,
- Wo ich gegen mich ihn, so wie immer,
- Sehr zuvorkommend und artig fand.
- Jetzo trat in schönem, schwarzem Kleide
- Noch ein fremder Herr zu uns herein,
- Den für einen Pfarrer alle beide
- Wir gehalten nach dem äußern Schein.
- Palmer, der ihn Platz erst nehmen ließe
- Neben mir auf seinem Canapé,
- Frug sodann ihn freundlich, wie er hieße,
- Und ob etwas ihm zu Diensten steh'.
- Da nun jener seinen Namen sagte,
- Und den Herren Superintendent
- Ganz devot nach einer Schulstell' fragte,
- War auch Palmers Höflichkeit zu End.
- „Stehn Sie auf sogleich“ — sprach er — „und
- nehmen“
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- „Hut und Stock Sie wieder in die Hand!“
- Jener mußte sich dazu bequemen,
- Und sobald er wieder aufrecht stand,
- Sagte Palmer: „Ich empfehl' mich Ihnen!“
- Und das wiederholte er so lang,
- Bis er jenen mit erzürnten Mienen
- Seine Stube zu verlassen zwang.
- Denn bei jedem Complimente rückte
- Palmer einen Schritt auf jenen los,
- Daß sich dieser immer rückwärts drückte,
- Bis die Thür' sich zwischen beiden schloß. —
- Als die Osterferien gekommen,
- Hab' mit Heinrich Palmer im Verein
- Eine Reise einst ich unternommen
- An den Main, den Neckar und den Rhein.
- Da mein Vater just ein altes Kühchen
- Hatt' verkauft für zwanzig Gulden Geld,
- Hat er diese Summe mit Vergnügen
- Als Viaticum mir zugestellt.
- Außerdem hatt' ich noch funfzehn Gulden
- Zu den Reisekosten dazumal,
- Daß ich dacht': Ich mache keine Schulden,
- Und das Geld verbrauch ich auch nicht all!
- Palmer hatte auch von seinem Alten
- Ueber fünfunddreißig Gulden baar
- Zu der Reise früher schon erhalten,
- Daß vor Mangel uns nicht bange war.
- Ueber Frankfurt, Darmstadt gingen beide
- Wir zusammen durch den Odenwald;
- Auf dem Melibocus hoch erfreute
- Uns des Rheinstroms glänzende Gestalt.
- Auch das Felsmeer und die Riesensäule
- In der Nähe uns gefielen baß;
- Dann ging über Rimbach es in Eile
- Nach dem großen Heidelberger Faß.
- Ueber Schwetzingen und Mannheim eilten
- Wir nach Worms zu unsres Luthers Ehr,
- Und wiewohl wir dort nicht lange weilten,
- Wurden dennoch unsre Kassen leer.
- Da wir uns nicht wollten lassen lumpen,
- Mußte schnell uns ein Student von dort
- Eine Caroline Zehrgeld pumpen,
- Daß wir ungehindert kamen fort.
- Als darauf zu Mainz wir eingekehret
- In dem Gasthaus zu dem schwarzen Bär,
- Und das erste Mittagsmahl verzehret,
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