- Eine Frau, beweinend ihren Sohn.
- „Ach, die Angst hat mich hierher getrieben;“
- Sprach sie, „da mein Sohn darauf besteht,“
- „Daß er sich dem Teufel hätt' verschrieben;“
- „Was mir eiskalt durch die Seele geht!“
- „Kommen Sie doch zu dem Fieberkranken;“
- „Reden Sie demselben kräftig zu,“
- „Daß er diesen schrecklichen Gedanken“
- „Fahren läßt und findet wieder Ruh!“
- „Morgen“ — sprach darauf ich zu der Alten —
- „Komme ich nach Blasbach frühe schon,“
- „Und sobald ich dort die Kirch' gehalten,“
- „Will ich gleich besuchen Euren Sohn!“
- Dieser Bursch stand in der vollsten Blüthe,
- Und sein Bett dem Ofen viel zu nah,
- Dessen Platte bis zur Hälfte glühte,
- Als ich ihn am nächsten Morgen sah.
- „Nein, es unterlieget keinem Zweifel,“
- „Wenn Ihr solche Höllenhitze macht,“
- Sprach ich zu dem Vater, „daß der Teufel“
- „Im Gehirne Eures Sohns erwacht!“
- „Macht das Feuer in dem Ofen kleiner;“
- „Laßt zum Fenster frische Luft herein;“
- „Denn in diesem Dunst kann auch nicht Einer“
- „Athmen ohne Angst und Herzenspein!“
- Erst als er gethan, wie ich befohlen,
- Und die Atmosphäre reiner war,
- Daß man freier Athem konnte holen,
- Ward der Fieberheiße mich gewahr.
- Als ich fragte, wie er sich befinde,
- Sah er mich mit wirren Blicken an:
- „Ach, Herr Pfarrer, welche große Sünde“ —
- Sprach er seufzend — „habe ich gethan!“
- „Wär' ich immer doch so brav geblieben,“
- „Als ich war bis noch vor kurzer Zeit!“
- „Doch seit ich dem Teufel mich verschrieben,“
- „Bin ich nun verdammt in Ewigkeit!“
- „Und wie könnet Ihr Euch unterstehen,“
- Sprach ich, „so zu reden, da Ihr wißt,“
- „Daß ein so abscheuliches Vergehen“
- „Einem Menschen ganz unmöglich ist!“
- „Was ich eben habe ausgesaget,“
- „Habe ich in Wahrheit auch gethan;“
- „Denn mein eigenes Gewissen klaget“ —
- Sprach er — „mich doch nicht vergeblich an!“
- „Wißt Ihr,“ frug ich, „denn auch ohne Zweifel,“
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- „Wann und wo und wie die That geschehn?“
- „Und wie damals der leibhaft'ge Teufel,“
- „Als er bei Euch war, hat ausgesehn?“
- „Sagt mir auch, was Euch dazu getrieben,“
- „Und was Euch gegeben hat den Muth,“
- „Daß Ihr Euch dem Teufel habt verschrieben,“
- „Und ob es geschah mit Eurem Blut?“
- „Und womit der Satan Euch bestochen,“
- „Als Ihr botet Eure Seele feil?“
- „Was hat er Euch denn dafür versprochen?“
- „Und ist es geworden Euch zu Theil?“
- Als er über diese meine Fragen
- Erst gestaunt, und weiter nachgedacht,
- Fing's auf einmal bei ihm an zu tagen,
- Und er war aus seinem Wahn erwacht.
- „Ach, wie soll ich Ihnen dafür danken,“
- „Daß Sie mich befreit aus meiner Noth“
- „Und von einem schrecklichen Gedanken,“
- „Der noch ärger war, als wie der Tod!“
- Also sprach er, als ich von ihm schiede,
- Und er war so froh von Herzensgrund,
- Und so ganz getröstet im Gemüthe,
- Daß er bald auch leiblich ward gesund. —
- Zwei von unsern Hermannsteiner Kranken
- Kamen später zu verschied'ner Zeit
- Auch auf den verzweifelten Gedanken,
- Daß verscherzt sei ihre Seligkeit.
- Wenn sie wollten an dieselbe glauben,
- Lasse es der Teufel doch nicht zu,
- Sondern suche ihnen stets zu rauben
- Alle Hoffnung sammt der Seelenruh'.
- 's war ein Mann und eine Frau, und beide
- Hatten sie ein redliches Gemüth,
- Und sie kamen nur zu diesem Leide
- Durch ihr melancholisches Geblüt.
- Beide hatten sich auch vorgenommen,
- Daß sie hungern wollten sich zu Tod',
- Weil sie dadurch hofften eh'r zu kommen
- Aus der großen Angst und Seelennoth.
- „Seit Ihr „Scrivers Seelenschatz“ gelesen,“
- „Zweifelt Ihr an Eurer Seligkeit;“
- „Darum, wenn Ihr wieder wollt genesen,“
- „Gebt das Buch mir mit auf kurze Zeit!“
- „Ich will Euch den Witschel dafür leihen;“
- „Wenn Ihr diesen eine Zeit lang lest,“
- „Will ich Euch im Voraus prophezeien,“
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