- „Daß von Eurem Trübsinn Ihr genest!“
- Also sprach nach manchen andern Worten
- Zu dem Manne ich als einem Freund,
- Und er ist von Schwermuth frei geworden
- Schneller, als wir beide es gemeint.
- Zwar mit seinem Leben ging's zu Ende,
- Aber dankbar gab er mir die Hand,
- Weil er nun mit froher Hoffnung könnte
- Ziehen in das bessre Vaterland. —
- Und die Frau war steif und fest entschlossen,
- Selber sich dem Hungertod zu weihn,
- Deßhalb ließ sie von den Hausgenossen
- Niemand mehr in ihre Stube ein.
- Da ihr Mann mir dieses traurig klagte,
- Ging ich mit und pochte an die Thür',
- Und sobald ich, wer ich wäre, sagte,
- Oeffnete sie augenblicklich mir.
- „Aber sagt mir doch, aus welchen Gründen“
- „Ihr Euch selber geben wollt den Tod!“
- „Und wie heißt denn die von Euren Sünden,“
- „Die Euch nicht vergäb' der liebe Gott?“
- „Alle Sünden, welche wir bereuen,“
- „Wären sie an sich auch noch so schwer,“
- „Will er ja aus Gnade uns verzeihen,“
- „Wie Ihr wißt aus seines Sohnes Lehr'!“
- „Wenn Ihr aber nähmet Euch das Leben,“
- „Wäret Ihr verdammt in Ewigkeit;“
- „Denn sobald Ihr Euch den Tod gegeben,“
- „Hättet Ihr zur Reue nicht mehr Zeit!“
- Als ich so begann ihr zuzureden,
- Sprach sie weinend wie ein kleines Kind:
- „Nein, ich will mich auch nicht selber tödten;“
- „Denn es wär' die allergrößte Sünd'!“
- „Wenn ich Sie nur öfters hören könnte,“
- „Faßte ich auch wieder neuen Muth;“
- „Denn die Angst, in der ich mich befände,“
- „Sagen Alle, käme nur vom Blut!“
- „Nun, so handelt auch mit Ueberlegung,“
- Sprach ich, „und verdünnet Euer Blut!“
- „Trinket Wasser, macht Euch oft Bewegung“
- „In der Luft, so wird es wieder gut!“
- Später kam sie, um sich zu bedanken,
- Und ich habe herzlich mich gefreut,
- Daß von ihren finsteren Gedanken
- Sie für immer völlig war befreit. —
- Einiges aus meiner Mutter Leben,
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- Das ich halte für erzählenswerth,
- Will ich auch zum Besten jetzo geben,
- Wie ich's habe von ihr selbst gehört.
- Als ihr Vater einmal Würste kochte,
- Und sie zusah als ein Mägdelein,
- Das noch nicht zwei Jahre zählen mochte,
- Fiel sie in den Kessel ganz hinein.
- Da ihr Vater dieses sah mit Grauen,
- Steckte er alsbald sein armes Kind
- Durch ein Schöpfloch, das in's Eis gehauen,
- In den Bach, der nah' vorüber rinnt.
- Und die Cur ist ihm so wohl gerathen,
- Die er in Verzweiflung angewandt,
- Daß sein Kind genommen keinen Schaden,
- Denn das Wasser löschte gleich den Brand.
- Zwischen einigen nur von den Zehen,
- Wo das Wasser keinen Zugang fand,
- Konnten Bläschen hier und da entstehen,
- Die verursacht waren durch den Brand.
- Meint man nicht, es hätte sterben müssen
- Dieses Kind, das nur im Hemdchen war?
- Doch die Aeltern haben Gott gepriesen,
- Der es rettete so wunderbar.
- Als das Mädchen nachher hat gezählet
- Ungefähr der Lebensjahre acht,
- Hatt' ein Bäschen, eh' es sich vermählet,
- Gegen seinen Bräutigam Verdacht.
- Dieses kam nach Schotten, um zu hören,
- Ob auch sein Verdacht gegründet sei,
- Mit dem unabweislichen Begehren,
- Daß die Kurzin schlage ihm ein Ei.
- Diese Frau war durch ihr Eierschlagen
- Damals weit umher berühmt im Land,
- Denn sie konnte auch ihr Schicksal sagen
- Denen, die sie nie zuvor gekannt.
- Als des Eies seltsame Figuren
- Stiegen in dem klaren Wasser auf,
- Sah sie ganz genau nach ihren Spuren
- Und nach ihrem weiteren Verlauf.
- Da die Braut dabei begann zu fragen,
- Was sie denn in ihrem Glase säh',
- Sprach die Frau: „Ich muß die Wahrheit sagen,“
- „Thue ich auch Ihrem Herzen weh!“
- „Der, dem Sie Ihr Händchen wollen reichen,“
- „Hat ein andres Mädchen schon geküßt,“
- „Und es wird sich in der Kürze zeigen,“
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