- Weil es nun Alle hörten,
- Daß sie zuerst gedutzt,
- Sie's auch von mir begehrten,
- Und darauf ward gestutzt.
- Ich mußt ihr zwar vergelten,
- Was sie gethan mir eh'r;
- Doch muß ich ehrlich melden:
- Das Dutzen fiel mir schwer;
- Und zwar aus welchem Grunde?
- Aus grimmigem Respekt.
- Damit hat manche Stunde
- Sie später mich geneckt!
- Den Weg nach Aßlar kannte
- Ich schon acht Jahre lang;
- Jetzt außer Samstags rannte
- Tagtäglich ich den Gang.
- Ob's Wetter schön, ob's häßlich,
- Ob's Tag war oder Nacht,
- Es wurde unabläßlich
- Der Weg zur Braut gemacht.
- So ging's den Herbst und Winter,
- Vier Monat und fünf Tag,
- Nur hinzu ging's geschwinder,
- Und herzu ließ es nach.
- Mein Bräutchen war kein Wesen,
- Das stets beleckt will sein
- Und nimmer kann genesen
- Von sehnsuchtschwerer Pein.
- Zwar hätt' zu keiner Stunde
- Sie mir den Kuß verwehrt,
- Hätt' ich an ihrem Munde
- Zu schwelgen nur begehrt.
- Laß nicht den Löwen lecken,
- Dacht' ich, ihr süßes Blut;
- Es möcht' zu köstlich schmecken,
- Dann thät' er nicht mehr gut.
- Und meine Liebe geizte
- Nach der Berührung nicht,
- Zu überschwänglich reizte
- Mich ja ihr Angesicht.
|
- Sah in den Augen leiden
- Ich sie mein Doppelbild,
- So hätte fast ein Neiden
- Darüber mich erfüllt.
- Mein Eduard, ein Knäbchen
- Von etwa vierthalb Jahr,
- Droht' mit dem Herrscherstäbchen
- Der Liebsten mir sogar.
- Einst hatt' ich unvorsichtig
- Ins Kleid gebrannt ein Loch,
- Da rief der Kleine wichtig:
- „Das sag' ich Minchen doch!“
- Vor Lachen fast vergehend
- Sprach ich: „Sagst du's, mein Sohn,
- „So werf ich mich gleich flehend
- „Vor ihren Gnadenthron!“
- Der Schelm wußt' doch zu sagen,
- Wenn ich etwas verbrach,
- Bei wem ich zu verklagen,
- Und wer mein Urtheil sprach.
- All' meinen Anverwandten,
- Die sämmtlich sie zuvor
- Dem Namen nach nur kannten,
- Stellt' ich als Braut sie vor.
- Von Fräulein Sturm, der zweiten,
- Die es recht wohl noch weiß,
- Ließ sie sich gern begleiten
- Auf dieser weiten Reis'.
- „Du hast nichts Schlechts gewählet,
- „Und bist fürwahr kein Thor,
- „Denn deine Braut gefället
- „Zugleich dem Aug' und Ohr!
- „Sie muß dich gleich entzücken
- „Durch Körper wie durch Geist;
- „Und schwer ist auszudrücken
- „Was man am Schönsten heißt!“
- So sprachen die Verwandten,
- Als sie sie kaum geseh'n;
- Und Alle, Alle fanden,
- Ich könnt' mit ihr besteh'n.
|