- Längst meine Feder zögert,
- Zu schildern ihren Tod;
- Noch immer sie sich wegert,
- Ob ich's ihr gleich gebot.
- Da sie bis zur Entbindung
- Gesund gewesen war,
- So fehlte mir Empfindung
- Der nahenden Gefahr.
- Der Doctor Behrens machte
- Bei ihr den Accoucheur,
- Und ich im Stillen dachte,
- Daß Alles richtig wär'.
- Ich hörte, daß das Kindchen
- Ein hübsches Mädchen sei,
- Und meinte schon, das Stündchen
- Sei glücklich nun vorbei.
- Doch ach, zu meinem Schrecken,
- War gleich die Mutter krank;
- Und bald mußt' ich entdecken,
- Dem Arzt gebühr' kein Dank!
- Zwei and're Aerzte brachten
- Die Boten noch herbei,
- Allein, allein was machten
- Sie denn nun alle drei?
- Sie machten mir mein Weibchen
- Nicht wiederum gesund,
- Und ach, es selbst, mein Täubchen
- That seinen Tod mir kund!
- „O, traue nicht den Aerzten,
- „Noch meiner Wangen Roth;
- „Sie spielen die Beherzten,
- „Ich fühle meinen Tod!“ —
- Ich selbst und Schwester Linchen,
- Wir blieben um sie her;
- Denn beide „unser Minchen“
- Wir liebten gar zu sehr.
- Wir wollten Hoffnung machen,
- Sie wies sie fest zurück,
- Und fing dann an zu sagen,
- Mit halbverklärtem Blick:
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- „Ich will jetzt Abschied nehmen,
- „Von euch, da ich's noch kann!
- „Du magst nicht zu viel grämen
- „Dich mein'thalb, lieber Mann!
- „Könnt' ich's, wie gerne bliebe
- „Ich noch recht lange hier;
- „Denn grenzenlose Liebe —
- „Du weißt's — hab' ich zu dir!
- „Und glaub', du bist zufrieden
- „Gewesen auch mit mir? —
- „Bin ich von euch geschieden,
- „So sorget beide ihr,
- „Das weiß ich, für mein Kindchen;
- „Und das erleichtert sehr
- „Mir jetzt mein letztes Stündchen,
- „Das sonst noch schwerer wär'!
- „Es mag nach Aßlar kommen,
- „Da wird es gern gehegt
- „Mit Liebe aufgenommen,
- „Und mütterlich verpflegt!
- „Noch weiß es nicht zu schätzen,
- „Was es an mir verliert;
- „Mög' es euch mich ersetzen,
- „Wenn es erst größer wird!
- „Nun haltet hübsch zusammen,
- „Wie jetzt, so immerfort!
- „Das sei in Gottes Namen
- „An Euch mein letztes Wort!“
- So ganz in Engelklarheit,
- So überirdisch schön
- Hatt' ich sie doch in Wahrheit
- Mein Leben nicht geseh'n!!
- Wir stöhnten um die Wette
- In bangem Trennungsschmerz
- An ihrem Sterbebette;
- Fast brach auch uns das Herz.
- Noch hielt ich fest in Händen
- Der Hoffnung täuschend Licht,
- Und sprach: „Ach, wie wird's enden?
- Sieh', was die Bibel spricht!“
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