- „Nein, Minchen muß es heißen,
- „Das, thu' ich anders nicht;
- „Ich kann nicht von mir weisen
- „Des Herzens heil'ge Pflicht!
- „Könnt' von der Mutter geben,
- „Wie ihren Namen leicht,
- „Ich Alles ihm im Leben,
- „Dann wär' sein Ziel erreicht!“
- So sprach ich, und sie gaben
- Mir endlich Alle nach,
- Weil sie gesehen haben,
- Wie viel mir daran lag.
- Nun auch mein kleines Minchen
- Zu Aller Freud' gedieh,
- Denn Großmutter und Linchen
- Versorgten's spat und früh.
- Die Nahrung, die die Amme
- Gesund dem Kinde bot,
- Facht' an des Lebens Flamme,
- Und malt' die Wangen roth.
- Doch war mir's zum Erdrücken
- Und schmerzlich zum Vergeh'n,
- Sah ich in seinen Blicken
- Die Mutter vor mir steh'n!
- Die liebe, junge Seele
- Ahnt' freilich solches nicht,
- Daß selbst den Vater quäle
- Ihr freundlich Angesicht.
- Der Mutter Tod ward eben
- So wenig sie gewahr,
- Da sie im kurzen Leben
- Des Hauses Abgott war.
- Um so viel bitt'rer haben,
- Gar oft mit mir vereint,
- Die beiden älter'n Knaben
- Der Mutter Tod beweint.
- Sie wußten schon zu schätzen,
- Was uns der Tod geraubt,
- Und daß es zu ersetzen,
- Von uns nicht Einer glaubt'.
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- Zum Grabe trug ich täglich
- Den übergroßen Schmerz,
- Doch Einmal ganz unsäglich
- Zerpreßt' er mir das Herz,
- Als zwängten's Eisenzangen
- Von allen Seiten ein;
- Der Athem war vergangen;
- Das Aug' verlor den Schein. —
- „O, theuerste Verklärte,
- „Die du mein Glück erschufst,
- „Hab' Dank, daß von der Erde
- „Du schnell mich zu dir rufst!“
- So dacht' ich, weil ich meinte,
- Daß jener Augenblick
- Mit Minchen mich vereinte
- Zu ew'gem Liebesglück.
- Nach einigen Secunden
- War dieser Krampf vorbei,
- Die Lähmung war verschwunden,
- Der Athem wieder frei.
- „Ach, kann ich denn nicht scheiden,“
- Rief ich, „aus dieser Welt,
- „Die doch nun keine Freuden,
- „Kein Minchen mehr enthält!“ —
- Was hilft mit Gott der Hader —
- Fiel mir dann wieder ein.
- Muß deiner Kinder Vater
- Nicht noch bei ihnen sein?
- „Hör't, meine Himmelsbräute:
- „Hier bleib ich fernerhin,
- „Daß ich zu eu'rer Freude
- „Die Kinder kann erzieh'n!“
- Mit diesem freien Eide
- Schied ich vom heil'gen Grab;
- Der Ort, wo ruhten Beide,
- Ihm höh're Weihe gab.
- Doch meine jünger'n Kinder
- Verließen diese Welt
- Auch beide, viel geschwinder,
- Als ich mir vorgestellt.
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