- Weil sie noch gar nicht wußten,
- Wie Linchen sie genau
- Jetzo begrüßen mußten,
- Als Bräutchen oder Frau.
- Drum sprach ich schnell: „Sie sehen
- „Hier nicht mehr meine Braut!
- „Um die ist es geschehen;
- „Wir sind bereits getraut.
- „Denn gestern Morgen standen
- „Wir beide vor'm Altar,
- „Und als wir um uns wandten,
- „Da waren wir ein Paar;
- „Ein Paar, das Ihren Segen
- „Sich baldigst zu erfleh'n,
- „Sie jetzt von Rechtes wegen
- „Hier sehen vor sich steh'n!“
- Mit innigem Umfangen
- Und Thränen in dem Blick
- Bezeugten sie Verlangen
- Nach ihrer Kinder Glück.
- Die Mutter unterdessen
- Sprach: „Ach, wie thut mir's leid,
- „Daß ich kein Extraessen
- „Jetzt habe gleich bereit!“
- „Bring' Wein und Kaffee, Alte!
- „Von erster Qualität,“
- Sprach der Papa, „dann halte
- „Man Rath, wie's weiter geht!“
- Kaum tranken beide Frauen
- Vom edlen Rebensaft;
- Drum war auch nicht zu schauen
- An ihnen seine Kraft.
- Die Männer schmeckten besser,
- Wie feurig er und gut;
- Drum ward auch immer größer
- Mit jedem Glas ihr Muth.
- Die Zungen gingen schneller,
- Die Wangen wurden roth,
- Die Augen immer greller;
- Daß oft ein Finger droht',
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- Das eine Mal dem Vater,
- Das and're Mal dem Sohn.
- Da schwoll des Zornes Ader
- Mir auf ob solchem Hohn.
- „Wie?“ sprach ich zu der Meinen,
- Und zwar in barschem Ton,
- „Du willst schon Herrin scheinen?
- „Und mir mit Fingern droh'n?
- „Du hast Dich schwer vergangen
- „An meiner Majestät!
- „Drum wirst Du gleich gefangen,
- „Und sehen, wie Dir's geht!“
- Bei diesen Worten raffte
- Ich sie an meine Brust
- Und schwebend sie bestrafte
- Mit Küssen ich nach Lust.
- „Nun hast Du doch gesehen,“
- Sprach ich, „Wer Herrscher ist,
- „Und wie Dir's wird ergehen,
- „Wenn Du Dich mehr vergißt!
- „Ja, weil ich eben finde,
- „Die Strafe steht Dir schön,
- „So hab' ich auch noch Gründe,
- „Sie künftig zu erhöh'n!“
- Gar freundlich zu sich nickte
- Dabei das Aelternpaar,
- Weil es daraus erblickte,
- Wie lieb mir Linchen war.
- „Wein“ — sprach zu mir die Mutter —
- „Und auch ein Weib hast Du!
- „Doch Eines setzte Luther
- „Den beiden noch hinzu, —
- „Was Jedermann müßt' lieben,
- „Wenn er kein Narr wollt' sein;
- „Drum schlag ich vor: Wir üben
- „Das Dritte im Verein!“
- Da ging mit schnellen Schritten
- Der Vater nach der Wand,
- Und hatte ohne Bitten
- Die Harfe gleich zur Hand.
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